1. FC Union Berlin vs. 1899 Hoffenheim
Das Lehrreich.
Viel in und aus einem Spiel ohne – Geschichte.
Das Spiel hatte einen vielversprechenden Anfang.
Es zählte mal zum guten Ton, dass man, wenn man sich in Gesellschaft befindet, nicht über Politik, Religion oder Krankheiten spricht. So neu ist „political correctness“ also nicht, …
Man erkannte relativ schnell, in welche Richtung es gehen sollte.
… wenn man sie derart interpretiert, dass man sich mit seinen Mitmenschen dergestalt unterhält, dass man präventiv Rücksicht auf deren möglichen Befindlichkeiten nimmt. Dabei – und das ist wohl der Unterschied zu heute – wurde die Befindlichkeit vorab zugunsten des/der Gesprächspartners/-partnerin angenommen.
Fing aber dann an, sich etwas zu verzetteln.
Und sollte man doch mal seine/n Gegenüber mit einer Äußerung dazu gebracht haben, emotional zu reagieren, antwortete man inhaltlich vage, da das oberste Ziel in solchen Momenten war, zu deeskalieren, einen Konsens oder Harmonie herzustellen. Wer das nicht tat, wusste über die Gefahren der Eskalation und musste, wenn er diese nicht wollte, entgegensteuern. Andererseits konnte man diese Empfindlichkeiten auch ganz gezielt nutzen, um entsprechende Reaktionen auf der Gegenseite auszulösen, um dann seinerseits empört zu tun, sich das auf gar keinen (Einzel-)Fall gefallen zu lassen und entsprechend entschieden dagegen vorzugehen. Das wiederum provoziert den anderen. Das wiederum … Und das dann … Und dann …
Dann gelang aber (Bebou) doch der Durchbruch.
Und dann … haben wir … am Ende … Deutschland.
Seine wunderschöne Flanke aus vollem Lauf auf den im Rückraum völlig freistehenden Raum wurde dankenswerterweise vom Berliner Spieler ins eigene Tor gelenkt. Das war schon sehr fein gemacht.
Das Wenigste ist wirklich neu.
Kurz nach der Führung fast der sofortige Ausgleich, nach einer fast schon typischen Unkonzentriertheit unsererseits nach eigenem Torerfolg. Doch was da noch gut ging, ging kurze Zeit drauf daneben, weil keiner der unseren hochging – außer unsereins die Hutschnur. Wie schon in letzten Partie sprang kein einziger unserer im und am Fünfmeterraum verteidigenden Spieler dem Ball entgegen, so dass der Gegner recht problemlos an den Ball kam und einnetzen konnte. Wie gesagt: Das Wenigste ist wirklich neu.
Das Zusammenspiel von Regierung und Medien auch nicht, wobei dies nicht einmal unbedingt eine gemeinsame Aktion ist, sondern die eine Seite die andere Seite für die eigenen Ziele nutzt. Und auch die Bedeutung des Internet, wonach dieses Medium alles viel, viel mehr bin eine Richtung – eben hin zur Eskalation – beschleunige, wird völlig überschätzt.
Natürlich wurde sich weiter bemüht, aber irgendwie war die Luft raus.
Vor fast 150 Jahren endete eine Auseinandersetzung zwischen Preußen und Frankreich mit der Gründung Deutschlands, genauer: des Deutschen Kaiserreiches. Ausgelöst wurde sie durch ein (internes) Telegramm der Regierung des Norddeutschen Bundes vom 13. Juli 1870, die Emser Depesche – und in weniger als einer Woche befanden sich Preußen und Frankreich offiziell – ganz ohne Radio, TV oder gar Messengerdienste wie Telegram – im Krieg.
Immerhin wurde der Kampf angenommen. Union ist eine physische Mannschaft, und wir steckten ein, aber nicht zurück.
Ursache hierfür waren die Änderungen, die der Bundeskanzler (also Kanzler des Norddeutschen Bundes, nicht der Bundesrepublik Deutschland, denn die gab es da noch lange nicht) Otto von Bismarck an dieser Depesche vornahm. Diese von ihm revidierte Fassung gab er an die Presse weiter. Das, was da dann stand, erzürnte die Franzosen und deren Hof. Am 16. Juli bewilligte die französische Legislative mit nur sechs Gegenstimmen Finanzmittel für einen Krieg. Am 19. Juli 1870 teilte der französische Außenminister dem norddeutschen Botschafter in Paris mit, dass Frankreich sich als im Kriegszustand mit Preußen befindlich betrachtet.
Das Spiel war nie unfair. Die Verwarnungen des Schiedsrichters gegen unsere Mannschaft waren allesamt hart, denn das Foul Akpogumas war zwar taktisch, aber kein so gravierender Eingriff in den Spielaufbau des Gegners, dass er wirklich mit Gelb hätte geahndet werden müssen. Und auch Dabburs Schuss als Ballwegschlagen zu werten, schien in Anbetracht der Kürze der Zeit zwischen Pfiff und Schuss überaus fragwürdig.
Natürlich gab es in der Halbzeit keine personellen Änderungen im Team. Taktisch allerdings schon, was die Berliner gerade zu Beginn des zweiten Durchgangs sehr irritierte.
Bismarck nahm dies dann zum Anlass, Preußen und den Norddeutschen Bund mit den süddeutschen Staaten zu vereinen und gemeinsam in den Krieg gegen Frankreich zu ziehen.
Deren Mobilmachung war jetzt nicht so von Effizienz geprägt, so dass die deutschen Truppen recht schnell vorankamen. Am 2. September nahmen sie Kaiser Napoléon III. gefangen. Am 18. Januar 1871 fand dann im Spiegelsaal von Versailles bei Paris die Kaiserproklamation des preußischen Königs Wilhem I. statt.
Fertig.
Immer wieder gelang es unseren Spielern beim Übergang vom Mittelfeld in die „gefährliche Zone“ relativ frei und zentral an den Ball zu bekommen …
Das heißt – wem das jetzt zu schnell ging: Damit war auf kleindeutscher Grundlage und unter der Herrschaft der preußischen Hohenzollern erstmals ein deutscher Nationalstaat entstanden – mit Sitz in Berlin.
… aber dann – in aussichtsreichster Position – kam alles ins Stocken. Spieler wie Kramaric, aber noch mehr Geiger und Baumgartner hatten plötzlich große Schwierigkeiten bei der Ballan- und -mitnahme – und man suchte den Grund …
Der Name der Hauptstadt geht zurück auf das alte, westslawische Wort „berl“ für „Sumpf“. Die Westslawen wohnten da schon lange, aber halt nicht drin. Sie gründeten Siedlungen um dieses Sumpfgebiet herum, wie Teltow, Spandau oder eben Köpenick.
Und wem das jetzt zu wenig Info war und zu wenig lustig, dem sei dieses Video sehr ans Herz gelegt:
Und so, wie inmitten der slawischen Siedlungen und gegenüber dem „trockenen Hügel im Sumpfgebiet“ (altslawisch: „cölln“ – heute: Neukölln) eben jener Sumpf befand, schien auch inmitten des Spielfeldes der Untergrund wenig geeignet zu sein, sich normal fortzubewegen und dies nicht nur horizontal, sondern auch vertikal. Wieder war es nämlich eine Kopfballsituation, die wir nicht annahmen oder annehmen konnten. Jedenfalls kam Vogt nicht an den Ball und Union zum Kontern. Der Ball wurde dann nach vorn gepflügt und erneut eingenetzt.
Um im Bild des Morasts zu bleiben: Es war geradezu bodenlos, wie es uns auch danach nicht gelang, den Ball gefährlich vors, geschweige denn ins Tor zu bringen. Und wenn wir dann mal in aussichtsreicher Position waren, waren wohl die Beine schwer, denn entweder bekamen wir sie nicht hoch genug oder nicht genug Wumms in sie, um den Ball in den Berliner Kasten zu zimmern
So kam es eben nicht zur Wiederholung des Hinspielergebnisses. Es blieb beim 1:2, der ersten Niederlage in der Alten Försterei und dem Abrutsch in der Rückrundentabelle auf Platz 6 – und jetzt kommt eine englische Woche, in der es am Mittwoch gegen einen sehr wahrscheinlich sehr kämpferischen Gegner geht, der am vergangenen Freitag 1:5 gegen unseren Gegner am kommenden Samstag in der Bundesliga verlor, der seinerseits am Dienstag bei einem Zweitligisten antreten muss. Da droht auch ein weiterer Abrutsch in der Bundesliga. Aber der droht ja immer.
Andererseits würde ein Sieg am Samstag eine Festigung des aktuellen Tabellenplatzes bedeuten, der ja zur Teilnahme an der UEFA Champions League berechtigt. Und sollte es mit dem Wettbewerb nicht klappen, gibt es ja noch die EuropaLeague, die wir ja immer noch auf zwei Wegen erreichen können – entweder via Ligaendplatzierung oder eben dadurch, dass wir Mittwoch gewinnen, dann noch mal zwei und dann geht es wieder in die Hauptstadt – allerdings nicht in die slawische Siedlung von gestern, sondern mitten ins Sumpfgebiet.
Und wenn wir das dann auch gewännen, würde Marcel Reifs Prophezeiung wahrwerden (ab 18:45). Aber so weit ist es noch lange nicht. Das hält uns aber nicht davon ab, so weit zu denken. Schließlich wissen wir aus nicht nur der Küchenpsychologie:
„Du erreichst nie mehr als deine Ziele.
So, geneigte/r Leser/in, du hast jetzt das Ende des Beitrags erreicht. Glückwunsch und – auch das gehörte einst und für uns immer noch zum guten Ton –
Dankeschön.
P. S.: Und scheiß auf den Kaiser. Niemand braucht ein Deutsches Reich und schon gar nicht die Tore, die es hervorgebracht hat. Um Europa zu erobern, brauchen wir einfach mehr Tore aus unserem Chancenreich und die Fußballherrschaft übers Großherzogtum Baden. 🙂 Das reicht uns. Erstmal. 🙂 🙂
Und das reicht jetzt. Wirklich.
Naja, wenn wir diesen Beitrag schon mit „Das Lehrreich“ überschrieben haben, sollte es auch grenzenlos sein …
P.P.S.: Warum nennen die Österreicher die Deutschen eigentlich „Piefke“?
Ein Blick auf die Erklärung zum einleitenden Musikstück mag als Erklärung dienen. 🙂
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