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Akademikerfanclub 1899 Hoffenheim Rhein-Neckar Heidelberg 2007 e. V.

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1899 Hoffenheim vs. Bayer 04 Leverkusen

Hauptsache : Kopfsache : Evolution

Kohlberg, Kinder, ein wenig Fußball: große Klasse.

Ungläubige sind hierzulande auf dem Vormarsch. Das kann man aus Sicht der Kirche betrüblich finden, aus Sicht der Wissensgesellschaft ist das kein Nachteil. Zumal man die verheerenden Auswirkungen in den Gesellschaften, in denen das genau umgekehrt ist, jeden Tag in den diversen Medien vor Augen geführt bekommt.

Nein, wir werden uns hier nicht zu populistisch-politischen Themen oder gar den Verfehlungen anderer Glaubensrichtungen äußern, sondern, wie sich das gehört, vor unserer eigenen Haustüre kehren. Und im Christentum gibt es ja wahrlich genug Strömungen, die den Anforderungen der Wissensgesellschaft nicht genügen, wonach die Worte der vor rund 2000 Jahren verfassten Schrift (und das Jahrhunderte, nachdem die Religion in Form und Gestalt Jesu geboren ward) mehr Glauben geschenkt wird, als den zuletzt veröffentlichten Ergebnissen aus Wissenschaft und Forschung.

Nehmen wir die Kreationisten, z. B., die die Entstehungsgeschichte, wie sie in der Bibel dargestellt wird, wörtlich nehmen und die Erkenntnisse von Darwin sowie aus der Evolutionsforschung ablehnen.

Bei Evolution denkt man zumeist an die Entwicklungsgeschichte des Menschen, auch wenn mit dem Begriff die allmähliche Veränderung der vererbbaren Merkmale von Generation zu Generation einer Population aller Lebewesen gemeint ist.

Dabei durchschritt der Begriff selbst eine Evolution. Längst ist er nicht nur auf die Biologie beschränkt. So wird er in zahlreichen Bereichen (u.a. Technik, Marketing) einfach als wissenschaftlich und dabei wichtiger klingendes Synonym für „Entwicklung“ oder „Veränderung“ genutzt – gerne in der Wortspielversion „Evolution statt Revolution“, wobei ja „kontrollierte Evolution statt Mutation“ richtiger wäre.

Aber auch in der Sozialpsychologie sowie der Soziologie ist der Begriff der „Evolution“ fest verankert. Am bekanntesten dürften dabei die „Maslow’sche Bedürfnishierachie“ sowie „Kohlbergs Theorie der Moralentwicklung“ sein. Und natürlich hat die TSG unter Julian Nagelsmann, wenn man so will, einen Evolutionsschritt genommen – und das nicht nur auf dem Platz.

Ja, wir kommen noch zum Spiel, aber da jetzt Länderspielpause ist, wollen wir uns die Zeit nehmen, und die Gedanken noch etwas Gassi führen, denn es schadet nichts, die beiden hervorgehobenen „Evolutionen“ einmal etwas näher anzuschauen, um die (Nicht-)Entwicklung von Menschen zu verstehen, denn diese hängt ja nicht nur von den „vererbbaren Merkmalen“ ab, womit biologisch gesehen nur Gene gemeint sind, nicht Geld.

Der Aspekt spielt aber für die Entwicklung des Menschen ebenfalls eine sehr wichtige Rolle. Bertolt Brecht fasste das mal zusammen mit den Worten „Erst kommt das Fressen, dann die Moral.“. Für den US-amerikanischen Psychologen Abraham Maslow gibt es aber nicht nur jene zwei, sondern fünf Ebenen. Seine in Pyramidenform dargestellte Bedürfnishierarchie gliedert sich auf in:

  1. Physiologische Bedürfnisse, die jeder Mensch hat. (Nahrung, Fortpflanzung)
  2. Sicherheitsbedürfnisse, die die allermeisten Menschen haben. (Schutz, Regeln)
  3. Soziale Bedürfnisse, die viele Menschen haben (Geborgenheit, Liebe)
  4. Individualbedürfnisse, wie sie einige Menschen haben (Stärke, Erfolg, Unabhängigkeit // Prestige, Wertschätzung)
  5. Selbstverwirklichung, die Fähigkeit der Ausschöpfung des Potenzials, das einem im Rahmen der eigenen anlagebedingten Parameter überhaupt möglich ist, ist eine Stufe, die zu erreichen Maslow höchstens 2% der Menschheit zutraute.

Wenn Sie es jetzt also in Zukunft mit einem Menschen zu tun haben, kann es ganz hilfreich sein, zu eruieren, welche der Bedürfnisse am stärksten ausgeprägt sind. Dabei sind aber zum Beispiel Menschen, die das sauberste Auto, den schönsten Rasen oder die geschniegeltsten Kinder haben wollen, nicht in der Kategorie „Selbstverwirklichung“ anzusiedeln, ebenso wenig wie die allermeisten den Terminus „Selbstverwirklichung“ für sich benutzen. Diese sind eher der doch eher niederen Stufe 2 zuzuordnen, denn hinter all diesen Zielen steckt ja nur der Wunsch nach Kontrolle, dem Aufbau eines eigenen Wertekanons, der dabei die Bedürfnisse anderer völlig außer Acht lässt. (Profimannschaftssportler dürften je nach Ego zwischen 3 und 4 liegen.)

Aber auch das ist für sich allein genommen nicht interessant und kaum aussagekräftiger als die Feststellung von Körpergröße, Haut- und/oder Haarfarbe. Zudem bezieht sich all das auf den Menschen als Individuum. Wenn man aber den Menschen nicht nur als Lebe-, sondern auch Sozialwesen versteht, kommt Kohlberg ins Spiel. Nein, nicht der 1957 in New York geborene Besitzer des spanischen Zweitligisten RCD Mallorca Andy Kohlberg, sondern der 1987 in jener Stadt verstorbene Psychologie- und Pädagogikprofessor Lawrence Kohlberg.

Er entwickelte auf Basis der Theorie der Moralentwicklung von Jean Piaget sowie der moralphilosophischen Gerechtskeitstheorie von John Rawls eine eigene, viel beachtete (und natürlich auch kritisierte) Theorie, wie der Mensch zur Moral gelangt und klassifizierte diese in drei Ebenen mit jeweils zwei Unterstufen.

Ja, immer noch nichts zum Fußball, aber auch wenn das hier noch nichts zum Spiel ist, es ist was fürs Leben, denn es hilft Ihnen, sich und Ihre Mitmenschen besser zu verstehen bzw. rücksichtsvoller zu behandeln oder auch einfach nur zu ignorieren, weil er oder sie es nicht wert ist. (Und ZACK ist Ihre Aufmerksamkeit wieder da, nicht wahr?)

Anlass für dieses bisherige Epos hat außerdem sehr viel mit dem Spiel gegen Bayer 04 Leverkusen zu tun – und der Evolution, die bei der TSG auch diesbezüglich Einzug hielt.

Waren lange Zeit die Vor-Spiel-Pressekonferenzen der TSG von großer Langeweile bis Routine geprägt, wenn man mal von der Ralf Rangnicks im Dezember 2008 absieht, als er vor dem ersten Duell gegen Bayern München sagte:

„Flotte Sprüche gibt’s in München, flotten Fußball gibt’s bei uns in Hoffenheim.“

Inzwischen tat sich da einiges. So werden diese Pressekonferenzen seit geraumer Zeit auf Facebook live übertragen, wodurch dem ordinären (= gewöhnlichen) Zuschauer die Informationen ungefiltert zuteil werden lässt, sowohl, was die Antworten im Original angeht als auch die Qualität der Fragen der Journalisten.

Diese Ödnis war ein Grund für uns, an dieser Stelle „Die Stiefmutter aller Pressekonferenzen“ zu verfassen. Ein weiterer war, dass Huub Stevens bei der Pressekonferenz Ende November 2015 nach dem Spiel gegen Borussia Mönchengladbach zu einem Vertreter der Rhein-Neckar-Zeitung sagte:

„Du bist es nicht wert, Junge.“

Das schlug damals große Wellen. In der Sportschau beispielweise in der Woche danach sprach Beckmann von „Herrenmenschengehabe“, was zumindest aus seiner Sicht bestimmt qualitativ hochwertiger und moralisch besser war – und auch ansonsten blies der TSG und vor allem Stevens da ein sehr steifer Wind entgegen, doch die TSG knickte damals nicht ein, was wohl auch an dem Rückhalt gelegen haben durfte, den der Verein durch die mit der Qualität der Berichterstattung über den eigenen Heimatverein durch die Heimatzeitung unzufriedenen Fans, wobei man fairerweise ja immer sagen muss, dass eine lokale Sportredaktion nicht der verlängerte Arm der PR-Abteilung eines Vereins ist. Andererseits sollte sie aber auch nicht immer versuchen, sie heckenschützentechnisch ins Visier zu nehmen.

Nun kann man über die Wortwahl Stevens’ streiten und darf diese gerne nach eigenen Befindlichkeiten werten, zumal er ja nun auch seit über einem Jahr seinen Rücktritt erklärt hat.

Unter seinem Nachfolger kamen derartige Wortgefechte noch nie vor. Im Gegenteil, er bleibt ruhig, besonnen, locker – auch als er das „Opfer“ war, wie nach dem Hinspiel bei Bayer Leverkusen, als die Presse deren damaligen Trainer für dessen Bemerkungen an der Seitenlinie aufs Korn nahm – für Sätze, die in der Kreisklasse, auf den Rängen oder an Stammtischen zum Standard-Repertoire gehören und niemanden interessiert hätten. Julian Nagelsmann auch nicht.

Und auch die Vor-Spiel-Pressekonferenzen machen wieder Spaß zu schauen, weil immer mal wieder ein Bonmot oder eine schlagfertige Antwort von Julian Nagelsmann aufkommt. Hängt natürlich immer auch von seiner Tagesform ab, aber vor allem von den Fragen, die ihm gestellt werden.

Meist ist der ganze Zinnober auch nach einer Viertelstunde rum. Nicht so bei der vor dem Spiel gegen Bayer Leverkusen, wo neben den gewöhnlichen (= ordinären) Journalisten auch eine ganze Batterie an Kindern vom Hoffi-Club eingeladen waren, um auch ihrerseits Fragen an den Trainer zu stellen. Ausnahmsweise war mit Oliver Baumann diesmal auch ein Spieler dabei, was ohnehin Schule machen könnte. Diese Pressekonferenz dauerte rund eine Stunde und war an Direktheit, Dreistigkeit, Chuzpe und genau dadurch an Informationsgehalt kaum zu überbieten. Da wurde nicht gedrechselt rumgeschwurbelt, ob es in Anbetracht der aktuellen Tabellensituation nicht einmal an der Zeit wäre, die Ziele für die Saison neu zu definieren, sondern

„Können Sie sich vorstellen, gegen Barcelona zu spielen?“


(Die ersten fast 7 Minuten sind „Leerlauf“, aber dann geht’s los.
Wer nicht alles sehen will, hier gibt’s die Kurzzusammenfassung von kicker.tv, hier die von achtzehn99.)

Fragen durften aber selbstverständlich alle stellen, so dass auch die Medienvertreter die Chance hatten, was von den meisten auch genutzt, zum Teil auch sogar insofern ergänzt wurde, dass die, die fürs Fragestellen Geld bekommen, die, dafür ein Autogramm bekamen, interviewten. Nur einer stellte keine Frage: der Vertreter der Heimatzeitung, dafür aber seinen tags darauf erschienen Vorbericht zum Spiel aus den Antworten zusammen, die die Repräsentanten des Vereins auf die Fragen der Kinder gaben, doch dann wiederum tags darauf in seiner Kolumne am Samstag die ganze Veranstaltung in Frage.

Vor allem schien ihn zu stören, dass seine Kollegen und er (nur?) als „erwachsene Journalisten“ eingeladen wurden und ihm (ihnen?) kein extra Termin eingeräumt wurde. Diese Verärgerung hat er ähnlich wie Beckmann seine Einschätzung von anno dunnemals aber exklusiv. Im Gegenteil, dessen Kollege Delling sprach in der Sportschau sogar davon, dass man nur noch „Kinderpressekonferenzen“ machen solle und auch sonst kam die Idee sehr gut an – nur eben nicht daheim. Da mockierte sich der Ressortchef Sport zusätzlich über den Inhalt der Pressemeldungen, die ihm seitens der TSG ins Haus geflattert seien. Zugegeben, eine Mitteilung über ein Behinderten-WC ist nicht so spektakulär wie es eine zur Verpflichtung Ibrahimovics, Ronaldos, Messis etc. wäre, aber das ist kein Grund, so etwas zu diskreditieren.

Man ist fast schon verzweifelt auf der Suche nach der Antwort, was einem solchen Gebaren zugrunde liegt und fast schon geneigt dazu, Beckmann zu zitieren, aber a) wäre das unmoralisch und b) bringt das ja nichts. Vielleicht aber Kohlberg – ja, den haben wir nicht vergessen.

Er teilt die moralische Entwicklung eines Menschen auf in eine präkonventionelle (Stufe 1 und 2), konventionelle (3 und 4) sowie eine nach einer Übergangsstufe (4 ½) zu erreichende postkonventionelle Ebene (5 und 6, evtl. sogar 7).

    • Kohlberg 1: Hier gibt es keine eigenen moralischen Wertvorstellungen. Man orientiert sich an den Vorgaben der Autoritäten, um Strafe zu vermeiden.
    • Kohlberg 2: Es hat sich eine Wenn-Dann-Beziehung aufgebaut, die im Wesentlich basiert auf „Wie du mir, so ich dir.“

      Diese präkoventionelle Ebene entspricht dem Niveau der meisten Kinder bis zum 9. Lebensjahr, einiger Jugendlicher und vieler jugendlicher und erwachsener Straftäter.

    • Kohlberg 3: Es entwickelt sich die „interpersonale Konkordanz“, d.h. man möchte anderen gefallen und empfindet Schuldgefühle bei Misslingen bzw. wird dieses relativiert („hat es aber gut gemeint“.)
    • Kohlberg 4: Das Individuum erkennt Gesetze und Normen als Notwendigkeit für das Funktionieren einer Gesellschaft sowie das Aufrechterhalten einer sozialen Ordnung auch an.

      Auf dieser Ebene bewegen sich (lt. diesem Modell) die meisten Erwachsenen. Auf diesem Weg wurde in empirischen Untersuchungen festgestellt, dass Jugendliche und junge Erwachsene, die bereits auf dem Niveau von Kohlberg 4 waren auf Kohlberg 2 zurückfielen.

„In der Übergangszeit zum Erwachsenwerden befinden sich Jugendliche typischerweise in einer Übergangsphase. Um sich vom konventionellen Niveau des Moralbewusstseins zu lösen, ist es wichtig, moralische Normen zu hinterfragen und nicht blind Autoritäten zu folgen. In der Übergangsphase gelingt es dem Menschen noch nicht, die Begründung von Normen auf ein neues, intersubjektives Fundament zu stellen, er ist moralisch orientierungslos. Menschen dieser Stufe verhalten sich nach ihren persönlichen Ansichten und Emotionen. Ihre Moral ist eher willkürlich, Begriffe wie „moralisch richtig“ oder „Pflicht“ halten sie für relativ. Im günstigen Fall gelingt ihnen die Entwicklung zur 5. Stufe des Moralbewusstseins, es kann aber auch sein, dass sie in der Übergangsstufe verbleiben oder zur 4. Stufe zurückfallen.“

      • Kohlberg 5: Moralische Normen werden hinterfragt und nur noch dann akzeptiert, wenn sie gut begründet sind. Die Orientierung erfolgt an der Idee des Gesellschaftsvertrags. Normen werden akzeptiert, wenn sie gerecht oder nützlich für alle sind. Kohlberg schätzte, dass nur 25% der Erwachsenen diese Stufe erreichen.
      • Kohlberg 6: Weniger als 5% erreichen (nach Kohlberg) diese Stufe, die sich an dem universellen ethischen Prinzip der persönlichen Achtung sowie dem Vernunftstandpunkt der Moral orientiert. Konflikte werden rein argumentativ unter Einbeziehung aller Beteiligten gelöst. (sprich: Kants Kategorischer Imperativ)
      • Kohlberg 7: Hat er nie niedergeschrieben, aber hier würde er Individuen subsumieren, die erfüllt sind von universeller Liebe, Mitleid oder Heiligkeit, wie Jesus, Buddha, Gandhi.

Wenn es nun um das Verhalten von Menschen geht, zur Einschätzung ihrer eben nicht nur biologischen, sondern eben auch ökonomischen, sozialpsychologischen und moralischen Evolution, ist es hilfreich, die Klassifizierungen von Maslow und Kohlberg zu kombinieren. Maslow 1 und Kohlberg 7 erscheint uns dabei ebenso möglich wie Maslow 4 und Kohlberg 2.

Wir wissen nicht, wo Julian Nagelsmann den Journalisten einordnen würde, aber seine Antwort auf dessen Frage auf der Pressekonferenz nach dem Spiel, an der man gleich den Profi erkennt („Würden Sie sagen, der Sieg war ein Big Point?“), lässt ahnen, dass er zahlentechnisch nicht zu hoch greifen würde:

„3 Punkte sind immer relativ big!“

Diese Süffisanz brachte ihm wieder viel Applaus ein bei den Fans, aber auch in den zahlreichen Fun-Portalen rund um den Fußball fand diese Antwort Nachhall. Seine Antwort zum Spielausgang weniger, obwohl die vielleicht am besten die Evolution der Mannschaft beschreibt:

Hatten wir in zwei Spielen der Hinrunde noch die Siege durch Treffer in den Schlussminuten der Gegner aus den Händen geben müssen, war dies bereits der 4. Sieg in der Saison mit nur einem Tor Unterschied. Auch hier ist also eine größere Konstanz reingekommen, obwohl die diesmal gar nicht mal so zu erwarten war, schließlich fehlte unser bester Spielaufbauer aufgrund seiner 5. Gelben.

Natürlich gab es Szenen, in denen man ihn sich gewünscht hätte, aber mit fortdauernder Spieldauer machte es unsere neuformierte Abwehr – mit Bicakcic, Hübner und Süle – gut, nur die Außen mit Zuber links sowie rechts Toljan, der mal wieder in der Startelf stand, ging das nicht so ganz auf, vor allem auf Toljans Seite, weshalb er zur Halbzeit ausgewechselt und auf der Position von Rudy vertreten wurde. Schwegler kam.

Doch nicht nur Toljans Startelfnominierung war eine Überraschung. Auch dass Bicakcic drin und dafür Amiri draußen war, als es kurz nach 15:30 Uhr losging, schien nachvollziehbar, da Amiri in den letzten Spielen „überspielt“ wirkte. Doch der größte Coup gelang Nagelsmann dadurch, dass er die einzigen drei Stürmer, die wir aktuell verletzungsfrei im Kader haben, alle von Beginn an spielten: Kramaric, Szalai, Wagner.

Der Plan konnte also nur sein: Frontalangriff. Bayer steht weit unter Anspruch in der Tabelle, hatten auch nach dem Trainerwechsel noch kein richtiges Erfolgserlebnis, spielten am Mittwoch Champions League, d.h. sie flogen Dienstag nach Madrid und da dann aus dem Wettbewerb, also gleich plattmachen.

Und was sich da in den ersten Sekunden des Spiel auf dem Platz tat, war eine Wohltat für uns, denn hatten wir uns letzte Woche noch als das Kerninkompetenzteam in puncto Taktik geoutet, konnten wir das nun revidieren. Es kam so, wie wir uns das dachten, aber noch besser, kraftvoller, ästhetischer.

Ein furioser Start in das Spiel, wo wirklich alles klappte – und plötzlich fast nichts mehr. Nach rund zehn Minuten griff die Taktik der Gäste, die Räume irre eng zu machen und uns so ständig zu entweder riskanten Kombinationen durchs Mittelfeld oder lange Bälle zu zwingen. Auf jeden Fall: Ballverlust. Dagegen hatten sie sehr viel Raum bei eigenem Ballbesitz, kombinierten stark und kamen nie sehr, aber nicht selten ziemlich gefährlich vors Tor von Oli Baumann, der wieder bravourös hielt.

Das Spiel entwickelte sich nicht so, wie von uns erhofft. Bayer war weitaus stärker, als von uns gedacht – und wir gerade in Sachen Spielaufbau nicht nur wegen des Fehlen Vogts schlechter als in den letzten Spielen, wenngleich auch schon gegen Schalke und Freiburg die Schnelligkeit und Präzision nicht auf dem allerhöchsten Niveau war. Und die Gäste standen mit ihren Reihen noch kompakter als die Breisgauer letzte Woche, haben dafür aber schnellere und technisch versiertere Spieler in ihren Reihen, u.a. einen gewissen Kevin Volland, der nur auffiel, als er die erste gelbe Karte des Spiels sah und als er ausgewechselt wurde. Ansonsten war er meistens unter der Achsel von Süle zu finden und da völlig abgemeldet.

Unser Stoßstürmer wiederum hatte einen besseren Nachmittag erwischt. Ihm versprangen weniger Bälle, er konnte viele sichern und wären Kramaric und Demirbay in so mancher Situation auf Kohlberg 5 statt 1 gewesen, hätte er nicht die Unterstützung des Gästetorwarts gebraucht, um seine Torflaute mit einem fast schon rekordverdächtigen Treffer zu beenden. Überquerte ein Ball schon einmal langsamer die Torlinie?

Spätestens jetzt war es um die Wuseligkeit der Werkself geschehen. Wir brachten uns zwar durch zahlreiche Fehlpässe, insbesondere durch Rudy, immer wieder in potenzielle Bedrängnis, aber die Gäste waren inzwischen so platt wie wir sie gerne schon am Anfang gesehen hätten. Sie hatten nur einen einzigen Torschuss in der zweiten Halbzeit – und den auch noch in der Nachspielzeit. Er ging aber drüber und wir als (in all seinen Facetten) glücklicher Sieger vom Platz.

Womit Julian Nagelsmann Recht behielt, denn auf der „Kinderpressekonferenz“ wurde er gefragt:

„Juliaaaan, glauben Sie, dass Sie das Spiel am Samstag gewinnen können?“

„Hmm … Ja!“

Natürlich verbietet sich eine solche Frage für einen echten Journalisten. Aber dass er sie benutzt, um seinen Groll kundzutun, auch.

Nun denn, es ist passiert. Und alles blieb, wie es war:
Wir haben uns beim Gedankengassiführen etwas verlaufen.
Die RNZ meckert über die TSG.
Die TSG steht auf Platz 4 … dort aber aufgrund der anderen Spielergebnisse sicherer als letzte Woche.
Nur noch 4 Punkte Rückstand auf Platz 2 und bereits 5 Punkte Vorsprung auf Platz 5 – unseren nächsten Gegner, der die stärkste Heimmannschaft der Saison stellt.

Ah ja, noch etwas hat sich geändert und auch das scheint eine Evolution in die richtige Richtung:

Die TSG hat in Person des Pressesprechers gegen die RNZ zurückgemeckert. (Ist zwar nicht wirklich Kohlberg 7, aber das gibt es eh nicht wirklich.) Also wir finden das gerade alles

KLASSE!

… und niemand weiß, was kommt.
Aber jeder weiß: Die Evolution (da ähneln unsere Nach-Spiel-Kommentare ihr … fast) kennt kein Ende. Und die Zahl der Gläubigen wird auch wieder zunehmen, zumindest die der TSGläubigen … 🙂

 

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