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VfL Wolfsburg vs. 1899 Hoffenheim

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Von „bräsig“ zu Braess

Wenig Spiel, viel Theorie, praktisch zu wenig …

ist die eigentlich vollumfängliche Zusammenfassung des Spiels unserer TSG beim VfL Wolfsburg. Mehr gibt es dazu nicht wirklich zu sagen. Aber so ist halt Fußball …

Fußball ist alles.

Vielleicht wird er deswegen auch als die Metapher überhaupt benutzt, wenn es darum geht, komplexe Sachverhalte für viele Menschen verständlich zu machen oder einfach sprachlich aufzupeppen. So sollten Menschen, die ein Ziel verfolgen, „am Ball bleiben“, sich hingegen in Diskussionen „die Bälle zuspielen“ oder anderen Menschen, die übergriffig handeln, für deren Tun „die rote Karte zeigen“, aber dabei auch immer vorsichtig agieren, damit sie kein „Eigentor“ schießen und viele andere mehr. Als Metapher kann man damit richtig punkten, in realiter wird’s eher schwierig … und trotzdem hätten wir es fast geschafft …

Fußball ist schön.

Vor allem der, der TSG. Mit einem Wert von 4,45 belegte die TSG Platz 6 in der Untersuchung, die sich der Attraktivität des Spiels widmete und dabei Parameter heranzog wie Dribblings, Steilpässe, Defensivverhalten sowie Chancenerarbeitung. Und auch in dieser Tabelle sind wir Bayern-Jäger, die mit einem Wert von 6.30 Platz 4 einnahmen. Dazwischen hat sich eine Mannschaft namens Real Madrid gezwängt. Deren Schnitt (4.99) liegt aber näher bei uns als an den Bayern, was auch irgendwie gut tut. Was hingegen Angst macht, ist der Wert des Spitzenreiters in dieser Tabelle: 9.50. Obwohl der Wert an sich ist egal, es ist das Team selbst, das dieses Ranking mit großem Abstand vor Paris St. Germain dominiert: Manchester City, also unser Gegner am Mittwoch. der gestern zwar sein erstes Ligaspiel verlor – bei dem Team, das mit 4.41 ganz knapp hinter uns liegt: FC Chelsea, woraus man bestimmt irgendwie was Positives ziehen könnte, hätten wir gegen den 43. in dieser Tabelle (VfL Wolfsburg) gewonnen.
Ach – und wo wir gerade bei Tabellenplatz 43 sind …

Fußball ist hässlich.

Auf diesem Platz wären nämlich die deutschen Fans gelandet, hätten man jeden Verband, also auch die kleinsten, gewertet, so aber heißt es offiziell: In der Fairplay-Wertung der UEFA landeten die deutschen Fans nur auf Platz 33 aller gewerteten Verbände. Auch wenn diese unschöne Seite des Spiels meist im Umfeld des Spiels selbst passiert, da hier vor allem Ausschreitungen auf den Rängen oder im Umfeld eines Stadions und/oder Spiels gemeint sind, aber … mitgehangen, mitgefangen.

Fußball ist reaktionär.

Diese Gewalt zeigt sich aber auch in vielen anderen Facetten. Dass Frauen erst seit 1971 Fußball in beim DFB angeschlossenen Vereinen kicken dürfen, mag man ja noch als „Das war halt damals so“ abtun, was ja auch stimmt.

Im Vergleich zu anderen Aspekten des normalen Lebens war diese Regelung geradezu fortschrittlich. Denn erst sechs Jahre später war es beispielsweise in Westdeutschland einer Frau gestattet, ohne Zustimmung Ihres Gatten einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Diese Regelung ergab sich aus § 1356 BGB, der da hieß: „[1] Die Frau führt den Haushalt in eigener Verantwortung. [2] Sie ist berechtigt, erwerbstätig zu sein, soweit dies mit ihren Pflichten in Ehe und Familie vereinbar ist.“

Seit dem 1. Juli 1977 hat sich der Wortlaut etwas geändert, wobei der Laie fassungslos staunt, dass das überhaupt gesetzlich geregelt werden muss – und wenn ja, warum so, aber so ist es halt (Stand) jetzt: „[1] Die Ehegatten regeln die Haushaltsführung im gegenseitigen Einvernehmen. Ist die Haushaltsführung einem der Ehegatten überlassen, so leitet dieser den Haushalt in eigener Verantwortung. [2] Beide Ehegatten sind berechtigt, erwerbstätig zu sein. Bei der Wahl und Ausübung einer Erwerbstätigkeit haben sie auf die Belange des anderen Ehegatten und der Familie die gebotene Rücksicht zu nehmen.“

In diese Zeit fiel auch die erste Frau im „aktuellen Sportstudio“ (Carmen Thomas), worüber man heute eigentlich nur noch schmunzeln kann in Anbetracht der vielen anderen Fußballmoderatorinnen, die es heutzutage gibt, gäbe es da nicht seit kürzerem auch weibliche Fußballkommentatorinnen. Die Reaktionen auf sie unterscheiden sich in nichts von jenen, denen Frau Thomas ausgesetzt war. Dabei ist es völlig in Ordnung, Frau Töpperwien oder Frau Neumann wegen ihrer Taten nicht zu mögen, auch die Stimme mag man schrecklich finden dürfen, schließlich sind das auch Faktoren, die man gegen männliche Kollegen vorbringen kann. Leider aber beziehen sich viele Kritiken auf ihr Sein als Frau, was eben zeigt, dass Fußball auch in diesem Punkt eher vorgestrig als fortschrittlich ist – zumindest in der Wirklichkeit der Medien. Ein weiterer Punkt sind Investoren … und Medien.

Fußball ist Zukunft.

Wenn man der Berichterstattung glaubt, trafen gestern zwei der Totengräber des deutschen Fußballs aufeinander, die nur aufgrund ihrer Unsummen an Geld Traditionsvereine töten. Dass das – zumindest für die TSG gesprochen – faktisch Quatsch ist, weiß jeder, der sich die Etats der Bundesligisten anschaut. Aber es ist natürlich auch Quatsch anzunehmen, irgendwer interessiere sich heutzutage noch für komplexe Fakten.

Emotionen gelten, Wahrnehmungen, keine Wahrheiten. Nach Ersteren dürfte es so sein, dass deutsche Fußballfans lieber heute als morgen Investoren aus dem Fußball verbannen wollten. Fakt ist, zumindest nach dem Statista European Football Benchmark – Report, dass in keinem Land Investoren weniger kritisch gesehen werden als in Deutschland (15%) und in keinem Land der Zuspruch gegenüber Investoren größer ist als hierzulande (36%).

Wo wir gerade an Zusprüchen sind: In dem gleichen Bericht steht die TSG auch auf Platz 1 in Sachen „Wie gut passt der Sponsor zum Verein?“ 96% aller TSG-Fans finden, dass „SAP“ sehr gut zur TSG passt. Natürlich ist das in Anbetracht unserer Historie jetzt sooo überraschend nicht, aber es ist schon erstaunlich, dass wir damit nicht nur diese Tabelle anführen, sondern auch noch 3% mehr Zustimmung für die Kombination haben als der SC Freiburg und „Schwarzwaldmilch“ (Platz 3) sowie – und das ist noch überraschender, 6% mehr als die auf Platz 9 liegende Kombination VfL Wolfsburg und „VW“.

  • Fakt ist, dass wir, siehe oben, mit den attraktivsten Fußball in Europa spielen.
  • Fakt ist, dass wir jetzt seit sieben Spielen ungeschlagen sind.
  • Fakt ist, dass wir mit Szarka, Hoogma, Posch, Geiger, Amadé, Amiri, Hack, Skenderovic eine Mannschaft auf dem Feld hatten, – nein, nein, auch wenn es ein wenig danach aussieht: Das ist nicht die Aufstellung, die das Hinspiel gegen Manchester City so unglücklich mit 1:2 verlor, sondern ein Auszug aus der Formation der U 23 vom Wochenende gegen die TSG aus Balingen –, die, nachdem in der 48. Minute Ekene beim Stand von nur 1:0 die gelb-rote Karte gesehen hatte, das Spiel letztlich mit 3:0 gewann.

Fußball ist paradox.

Da spielen wir also attraktiven Fußball, schaffen top Erlebnisse („Spektakel“), aber die Ergebnisse wollen einfach nicht passen. Dass das bei der Partie genauso war, war umso ärgerlicher, weil wir seit gefühlten Ewigkeiten mal wieder die Zeit hatten, ganz gezielt zu trainieren und auch Hübner wieder in die Startelf rückte. Da war die Erwartungshaltung schon groß. Umso größer war dann aber die Verwunderung, dass er nicht mit Vogt die alte Innenverteidigung bildete, weil unser Kapitän ins defensive Mittelfeld gestellt wurde.

Und was sich anfangs sehr gut anließ, vor allem natürlich dank des fein herausgespielten Führungstreffers durch Belfodil, wurde mehr und mehr zum Chaos. Hätten wir auf unserer Weihnachtsfeier unseren Gast doch noch einem spieltheoretischen Ansatz auf Basis des Braess-Paradoxons fragen sollen? Es dient als

Veranschaulichung der Tatsache, dass eine zusätzliche Handlungsoption unter der Annahme rationaler Einzelentscheidungen zu einer Verschlechterung der Situation für alle führen kann.

In der realen Welt beschreibt dieses Paradoxon die Tatsache, dass sich das Verkehrsaufkommen durch eine neue Straße verschlechtern bzw. durch den Wegfall einer Straße verbessern kann. Nun fehlt uns dazu die mathematische Kompetenz, um daraus eine Spieltheorie zu entwickeln, aber wenn wir in Betracht ziehen, wie wir dieses Jahr die Spiele in eigener Unterzahl bestritten haben und wie die, wo der Gegner in Unterzahl war, deucht uns, dass da ein gewisses Potenzial liegt, zumal sich nach der Herausnahme von Vogt und der Einwechslung von Szalai zu Beginn der 2. Halbzeit geradezu ein – passend zum Hauptanwendungszweck des Paradoxons – Einbahnstraßenfußballspiel entwickelt hat.

Diese Umstellung war nötig geworden, weil wir letzten Endes durch eineinhalb Eigentore von Bicakcic hochunglücklich in Rückstand geraten waren. Kein Vorwurf an den Mann. Diese Treffer waren nur die Konsequenz eines absolut inkonsequenten und, wenn man ehrlich ist, auch fast schon inkompetenten Spielaufbaus, in dem aber mal so gar nichts klappte – und das nach einer Woche ungestörten Trainings. Das war sehr irritierend, zumal sich die Mannschaft trotz Hübner auch defensiv nicht wesentlich stabilisiert hatte.

Wenn also unsere Defensive nichts ist, dachte sich Nagelsmann wohl eingedenk der Weisheit, wonach Angriff die beste Verteidigung sei, bestand unsere Mannschaft nach 60 Minuten aus 60% Offensivfeldspielern: Zuber, Belfodil, Kramaric, Joelinton, Szalai und Nelson – und wenn man dann noch Schulz und Kaderabek auf den Flügeln dazu zählt, spielte die TSG ein sehr innovatives, wagemutiges, brutal riskantes, postiv gesehen: fortschrittliches 2-2-6.

Das zahlte sich auch statistisch aus: 15:5 Torschüsse in der 2. Halbzeit für uns. Und auch ergebnistechnisch brachte es was: einen Treffer. Aber halt nur einen – und damit auch nur einen Punkt.

Unentschieden. Auch emotional. Wäre es vielleicht besser gewesen, wir hätten noch einen Spieler durch Platzverweis verloren? Vielleicht hätten wir damit nicht nur – wie unsere U23 – das Spiel doch noch, sondern auch mehr Indizien für die Erkenntnis gewonnen, dass das Paradoxe …

= ein Befund, eine Aussage oder Erscheinung, die dem allgemein Erwarteten, der herrschenden Meinung oder Ähnlichem auf unerwartete Weise zuwiderläuft oder beim üblichen Verständnis der betroffenen Gegenstände bzw. Begriffe zu einem Widerspruch führt.

… halt das Besondere am Fußball ist.

Außer vielleicht im Hockey kann in keiner anderen Mannschaftssportart ein unterlegenes Team gegen ein weit überlegenes gewinnen. Nein, das soll nicht heißen, dass wir Samstag das weitaus überlegene Team waren, sondern vielmehr Hoffnung machen für nächsten Mittwoch, wo wir mit Sicherheit nicht das weitaus überlegene Team sein werden.

Fußball ist alles …
– und in ihm ist alles möglich –

… auch dass wir spätestens nach Mittwoch und allerspätestens zu Beginn der Rückrunde wieder mit einem breiteren Kader (s. Aufstellung unserer U23) und hoffentlich auch breiterer Brust auftreten werden, so dass wir solche Spiele wie am Samstag gewinnen und solche wie am Mittwoch auch im nächsten Jahr erleben dürfen.

 

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