VfL Wolfsburg vs. 1899 Hoffenheim
Non scholae sed Liga discimus
Grundlagen der Pädagogik
0:4.
Warum sollte man sich, nach dieser, dem Ergebnis nach, so deutlichen Niederlage, über die ausgelassenen Torchancen aus der ersten Halbzeit auslassen? Warum sich aufregen, dass Compper und Salihovic immer und immer wieder spielen? Warum sich wundern über die Auswechslungen, die eher von Aktionismus denn Rationalismus künden? Es klappt einfach gerade gar nichts.
Fußballlehrer Rangnick scheint endgültig mit seinem Latein am Ende. In einer solchen Situation gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder man wechselt spätestens zum neuen Schuljahr den Übungsleiter oder er ändert sie Sprache.
Immerhin scheint das Klassenziel erreicht zu werden: Wenngleich mit Ach und Krach und nicht wenig Glück, man bleibt in der (Spiel-)Klasse. Dennoch wird es jetzt endlich Zeit, seine Hausaufgaben zu machen – und dazu zählt für Ausbilder die Wissensvermittlung.
Es gibt, so ein in der Lehrerausbildung seit Generationen kursierender Witz, drei Formen jener Wissensvermittlung aka der Didaktik: die Autodidaktik, die Schwellendidaktik, die Hammerdidaktik.
Bei der ersten überlegt sich der Lehrkörper im Auto, was er heute unterrichten soll. Bei der zweiten überlegt er sich das auf der Türschwelle beim Betreten des Klassenzimmers und bei der dritten fragt er seine Schutzbefohlenen zu Anfang des Unterrichts: „Hamma dess scho gmacht?“
Wie gesagt, ein Witz und der trifft auf unseren Trainer, einem ausgebildeten Pädagogen, gewiss nicht zu. Dazu ist er viel zu gewissenhaft für sich. Aber darum geht es nicht. Es geht darum, immer sicherzustellen, dass die Schüler auf dem Wissenstand sind, den man gerne hätte, und nicht ihnen vorzuwerfen, dass sie da nicht sind.
Aber leider kennt wohl jeder jene Lehrer, deren primäres Ziel es ist, ihren Stoff durchziehen. Dann haben sie zwar den Lehrplan erfüllt, aber ihre Schüler nichts gelernt bzw. schafften sich einen Wust an Halbwissen an, der von Arbeit zu Arbeit reichte, der aber kein Fundament hat und somit früher oder später zum Scheitern eines jeden Einzelnen führt.
1. Lektion wäre also pragmatischer Realismus. Es bringt nichts, wenn sich ein Lehrer über seine Schüler aufregt. Er macht sie dadurch nicht besser. Vielleicht brauchen sie wirklich arg lange, bis sie etwas vermeintlich Einfaches verstehen, aber wenn man diese Zeit nicht in diesen Momenten investiert, wird sie einem später immer wieder fehlen. Und sollte ein Schüler wirklich zu doof sein, auch das gibt es ja zuhauf, dann raus.
2. Lektion: autoritäre Konsequenz. Hierbei definieren wir „Autorität“ als „Die Ausübung von Macht mit Liebe“. Es ist zum Wohle eines jeden, wenn er entsprechend seinen Fähigkeiten eingesetzt wird. So ist es eine Qual für einen, wenn er ständig unterfordert wird, aber dasselbe gilt auch für den, wenn er ständig überfordert wird, auch wenn es ihm natürlich einerseits schmeichelt, dass man so große Stücke auf ihn hält, räumt derselbe Schüler andererseits zumindest sich ein, dass ihm das Ganze doch eine Nummer zu groß ist. Es ist die Aufgabe des Pädagogen (dt.: „Knabenführer“) dies zuerkennen und Gegenmaßnahmen einzuleiten. Letztlich wird es ihm sowohl der Schwache, den er vielleicht sympathisch findet, als auch der Starke, für den er keine Sympathien empfindet, danken.
3. Lektion: progressive Selbstreflexion. Die Frage, die sich jeder Mensch in Verantwortung fragen muss, ist die, ob er zur Lösung des Problems beitragen kann oder ein Teil des Problems ist. Die Mannschaft müsste eigentlich ohne Druck spielen können. Mit den Plätzen 16-18 wird man wohl nichts mehr zu tun bekommen, und es wird definitiv kein europäischer Wettbewerb erreicht werden. Und so sehr man natürlich gewinnen will, gibt es aufgrund dieser Konstellation auch keinen Grund zu verkrampfen. Genau das aber war der Fall nach dem 0:1, nach dem die Mannschaft dank der Nonchalance der Heimmannschaft einige Großchancen hatte. Da war keine Lockerheit zu sehen. Da wirkte die Mannschaft wie ein Kind, das, obwohl die Mutter es schon zehnmal ermahnt hatte, besser auf seine Sachen aufzupassen, wieder seine Mütze verloren hatte. Die Angst vor einer Strafe blockierte alles – und das obwohl jetzt ja Frühling ist und es keine Mütze mehr braucht. Mama schimpft trotzdem. Ja, so Eltern gibt es. Denen geht es ums Prinzip. Im Fußball aber sollte es um den Erfolg gehen. Und dem haben sich alle unterzuordnen – nicht nur die Akteure auf und neben dem Platz, sondern auch deren Eitelkeiten.
Dass dann, als die Wolfsburger gleich zu Anfang der 2. Halbzeit mit ihrer 2. Chance das 2. Tor erzielten, die Bocklosigkeit einsetzte, weil man keinen Sinn im eigenen Tun erkannte, spricht auch nicht gerade für viel Selbstbewusstsein. Und dass kaum ein Pass mehr ankam, Bände.
Zum Glück dürften nun auch beim letzten die Zeiten vorbei sein, wo die Enttäuschung die Emotionen bestimmt. Jetzt sollte es die Hoffnung sein – a) auf ein siegreiches nächstes Spiel und damit dem sicheren Verbleib in der Bundesliga und b) eine erfolgreiche neue Saison – mit wem auch immer.
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