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Akademikerfanclub 1899 Hoffenheim Rhein-Neckar Heidelberg 2007 e. V.

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VfB Stuttgart vs. 1899 Hoffenheim

Impuls & Kontrolle

Das (fast) Lustspiel, das (definitiv) zum Drama wurde.

„Fick dich, VAR!“

Eine verständliche Reaktion aus Sicht eines TSG-Fans, auch eines (einer), der sich ansonsten sehr um Besonnenheit müht und selbstverständlich das Handspiel als solches sowie dessen Regelwidrigkeit bei aller Fragwürdigkeit anerkennt, schließlich war dies gewiss keine absichtliche Berührung des Balles mit dem Unterarm und selbst wenn man diese als „unnatürlich“ ansehen mag, muss auch berücksichtigt werden, dass dies auf die ganze Situation zutrifft, schließlich ist es wider die Natur des Menschen, aus rund zwei Meter Höhe einfach mal so auf den Boden zu fallen.

Genau dieses Zustandekommen aber, dass und warum Akpoguma fiel, fiel wohl vor dem Kellergericht nicht ins Gewicht oder nicht auf, zumindest bekam es der Feldschiedsrichter nicht zu Gesicht, dass Akpoguma den Unterarm seines Gegenspielers im Luftkampf ins Genick gedrückt bekam. Ihm wurde nach Ansicht der TV-Bilder nur die Szene gezeigt, als der Ball den Arm von Akpoguma traf. Arme Sau. Unser Kevin.

Aberauch Herr Osmers, der ohnehin nicht gerade als TSG-affin eingeschätzt werden kann. Aber er verließ sich halt auf das, was ihm aus dem Verlies gezeigt wurde. Eine vollumfängliche Beweisführung sieht vor einem nicht unterirdischen Gericht anders aus. Idealerweise so:

 

Natürlich ist obige Aussage ungebührlich – und heute maximal politisch inkorrekt. Das wäre fast so, als wenn man das, was man heut(zutag)e an den Tag legen muss, nicht im französischen Original französisch, sondern in einem italienisch-englischen Mix fälschlicherweise mit „Graf Tunte“ übersetzen würde, wo es doch korrekterweise „Form“, „Maß“, „Bändigung“, „Beherrschung“ bedeutet.

Ja, gerade als TSG-Fan ist man in Anbetracht zahlreicher Entscheidungen auf und außerhalb des Platzes immer wieder gezwungen, „Contenance“ an den Tag zu legen.

Leicht ist das gerade aktuell nicht, aber es gelingt uns natürlich, schließlich: Wäre es leicht, könnte es ja jede/r. 🙂

Ansonsten sind wir sehr für den VAR. Per se, aber wie so oft, ist es nicht die Sache an sich, die schlimm ist, sondern wie es von den Menschen gehandhabt wird. Und die Psychologie ist voll von Studien, die den alten Satz „homo homini lupus“ („Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf“) bestätigten – und zugleich seine Herkunft ad absurdum führen, denn das lateinische Original stammt aus der Komödie „Asinaria“ („Eseleien“) des römischen Dichters Titus Maccius Plautus (ca. 254 – 184 v. Chr. bzw. 2153 – 2083 v. TSG).

Die Entwicklung der Impulskontrolle ist natürlich ein hohes Gut – und sie war ein langer Weg – angefangen von sehr frühen Regeln wie „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ über Matthäus (nicht: Lothar, sondern 5, 39: „Wenn dir einer einen Schlag auf die rechte Wange gibt, halte ihm auch noch die linke hin!) bis hin zu „Da hab‘ ich vollstes Verständnis für.“ –, dessen Ende noch lange nicht in Sicht ist. 3 Beispiele hierfür:

      1. Siehe oben
      2. Das Milgram-Experiment
        Ein erstmals 1961 in New Haven durchgeführtes psychologisches Experiment, das von dem Psychologen Stanley Milgram entwickelt wurde, um die Bereitschaft durchschnittlicher Personen zu testen, autoritären Anweisungen auch dann Folge zu leisten, wenn sie in direktem Widerspruch zu ihrem Gewissen stehen. Der Versuch bestand darin, dass ein „Lehrer“ nach Anweisungen eines „Versuchsleiters“ einem „Schüler“ bei Fehlern elektrische Schläge versetzen und deren Intensität nach jedem weiteren Fehler erhöhen sollte. Sowohl die „Versuchsleiter“ als auch die „Schüler“ waren Schauspieler und die Stromschläge erfolgten nicht real. Dies blieb den eigentlichen Versuchspersonen, den „Lehrern“, jedoch verborgen, so dass sie davon ausgehen mussten, den „Schülern“ echte Schmerzen zuzufügen.
      3. Das „Stanford-Prison-Experiment“
        70 junge Studierende der Elite-Uni Stanford (alles Freiwillige) wurden per Münzwurf in Gefangene und Wächter eingeteilt. Um diese Rollen so realistisch wie möglich auszufüllen, wurden die sogenannten „Gefangenen“ zu Hause verhaftet und dann in ein nachgebautes Gefängnis in der Uni gebracht.Die Gefangenen wurden behandelt, wie es damals in den USA üblich war. Sie gaben ihre Kleider ab, wurden entlaust, ihnen wurden Nummern zugewiesen. Den Wärtern wurde die Aufgabe gegeben, diese Gefangenen zu bewachen und für Ordnung zu sorgen.
        Eingetreten war das Gegenteil: Schon am ersten Tag war zu beobachten, dass die Wärter die Gefangenen Liegestützen machen ließen und dabei ihren Fuß auf den Rücken der Gefangenen stellten.Am Morgen des zweiten Tages kam es zu einem Aufstand unter den Gefangenen, auf den die Wärter wiederum mit harten, sadistischen Strafmaßnahmen reagierten. Zwei Wochen sollte das Experiment dauern. Nach sechs Tagen wurde es abgebrochen.Auslöser für die Eskalation war „Deindividuation“, d. h. die Teilnehmer werden durch die Situation ihrer Individualität beraubt. Die Rolle bestimmte ihr Sein.

Die beiden Experimente werden heute heftig vor allem methodisch kritisiert, was auch niemanden überraschen dürfte. Die Zunahme an Untersuchungsergebnissen, die nicht ins jeweilige Weltbild passen, werden heutzutage immer seltener wissenschaftlich widerlegt als „methodisch“ kritisiert – und sind damit vom Tisch. Andererseits sieht man am unterschiedlichen Verhalten von Menschen vor und nach einer Beförderung und/oder in der wahren Welt sowie in der digitalen Welt, was eine Rolle (zum Teil) mit wem macht.

Beispiel 3 wurde auch mit Moritz Bleibtreu verfilmt. „Das Experiment“ ist keines. Es ist auch kein cineastischer Leckerbissen – und schon gar nicht zum Lachen.

Welch‘ Übergang …

Eine Komödie – gar ein Leckerbissen – war der Kick heute auch nicht. Es waraber  über lange Zeit ein echtes Schauspiel von Impuls und Kontrolle, in dem sich die Charaktere nach und nach entwickelten. Dabei war gerade das Zusammenspiel unserer Akteure sehr gefällig. Ihr Zusammenspiel war vor allem im 1. Akt sehr überzeugend. Sie nutzten die große Bühne, die sich ihnen bot, trotz der klaren Rollenverteilung in puncto Zuspruch auf den Rängen sowie in den Logen. Aber ihre intelligente Raumaufteilung sorgte immer wieder für ein Verstummen im weiten Rund sowie anerkennendes Raunen.

Kaum wer hätte diesem Ensemble, das ja noch nie so ensemble vor so einem Riesenpublikum antrat, einen solch souveränen Auftritt zugetraut.

Schon im ersten Aufzug setzte unser neuer tschechischer Frontmann nach wenigen Minuten einen ersten tonangebenden Akzent. Auch wenn dies den Dorfchor noch nicht völlig in Ekstase versetzte und seine Lieder noch lauter schmettern ließ, bot die kleine Schar im weiten Rund eine wohlige Untermalung der Musik, die auf dem grünen Parkett seitens der TSG gespielt wurde.

Zudem gab es in der fast halbstündigen Ouvertüre fast im Zwei-Minuten-Takt Paukenschläge. Immer wieder lag ein Gastspieler von uns auf dem Boden, was in keinerlei Zusammenhang mit dem ausdrucksvollen Tanz-Solo zur Musik des Cello-Solos Le Cygne aus Le carnaval des animaux von Camille Saint-Saëns des Choreografen Michel Fokine für die Primaballerina Anna Pawlowa stand. Nein, niemand gab den „sterbenden Schwan“. Vielmehr gaben die Hausherren den unseren ziemlich auf die Füße und testeten deren T-Dingens – Nein, nicht das Ballettkostüm in Form eines Rocks aus mehreren Schichten Stoff, wie er zuerst von der Tänzerin Marie Taglioni 67 v. TSG (1832) getragen wurde, ah: Tutu (sprich: „Tütü“), sondern Trikot (sprich: „Trikoo“) –, was den Spielfluss immer wieder störte. Doch sehr sie sich auch bemühten, stets standen sie in dieser Zeit im Schatten unserer Akteure, die klar im Rampenlicht der Szenerie standen.

Erst nach einer halben Stunde wussten sich auch die Hausherren zu inszenieren, doch ihre Aktionen blieben blasses Stückwerk, so dass es den unseren ein relativ und unerwartet Leichtes war, Kontrapunkte zu setzen. Und kurz bevor der Vorhang zur Pause fiel, fiel es dann doch: „TENOR!“

Es war der verdient krönende Abschluss des 1. Aktes, auf den wir folgenden Reim machten.

Das Ende einer virtuosen Ballstafette war es zwar kääns,
Unn ’s war eigentlich neddemool ä rischdische Tschääns,
awwa weil’s drin war, war’s halt doch ä schääns,
vunn uns’rer nümmeroo kääyns („quinze“; frz. „15)

Auch ein Novum, dass wer mit seinem ersten Torschuss in der Bundesliga auch gleich sein erstes Bundesligator erzielt – und das nicht im ersten Spiel.

Also als TSG-Fan war man da schon verduzt. Man erwartete natürlich kein Ballett, aber so ein Lustspiel bei weitem auch nicht. Eher fürchtete man nach der kafka’esken Verwandlung in der letzten Aufführung im Oberhaus des deutschen Fußballs eine Tragödie in bester Shakespeare-Manier, wo es mit viel großem Gedönse am Ende viele Tote würde zu beklagen geben, aber Irrtum. Hier war vor allem auf Seiten unserer Truppe viel Leichtigkeit im Spiel. Jedoch musste man befürchten, dass den Gastgebern in der Pause der Marsch geblasen würde – und entsprechend sie zum Angriff blasen würden. Aber Pustekuchen.

Sie agierten nun zwar wesentlich präsenter, aber nicht wesentlich präziser, so dass sie vor unserem Tor meist den Toren gaben. Dennoch lag in der Preisgabe des Platzes in der Mitte der Bühne immer auch die Gefahr, dass sie uns an die imaginäre Wand spielen würden. Aber glücklicherweise blieb auch das nur Imagination.

Insbesondere Stach stach mit seinem im Grunde zentralen Abwehr-Solo hervor. Beeindruckend war aber auch die Premiere des ehedemen portugiesischen Zweitligisten Arthur Chavez, dessen Leistung gerade jenen, die sich mehr auf Misstöne verstehen und auf deren Basis große Werke veröffentlichen, die allerdings meist nur in den Medien den erhofften Widerhall finden („Stockhausen-Supporter“), die Sprache verschlagen haben muss, schließlich erfüllte er alle Parameter für die Partituren ihrer Litaneien (aus der katholischen Liturgie.: wechselndes Bittgebet zwischen Vorbeter und Gemeinde): Rogon, Hopp, HOBRA, Academico Viseu. Und dann eine solche Performanz ohne Firlefanz! Da capo!

Der Schuss, genauer. Schlag gegen Drexler, weswegen er nach wenigen Minuten für den Brasilianer ausgewechselt wurde, ging für die Hausherren nach hinten los.

Es hat sie wohl genervt, dass unser Trainer den etatmäßigen Rechtsverteidiger links spielen ließ – und Akpoguma auf der bisher sehr schwachen Defensivseite unsereins. Der rückte aber dann auf seinen Stammplatz zurück und eben Chavez a) auf rechts, b) in den Fokus und c) nicht von seinem Gegenspieler ab. Das war schon sehr gut kalkuliert, Herr Mathematicus Matarazzo.

Die Rechnung ging auf, dafür aber unseren Jungs mehr und mehr die Puste aus. Aber machte nichts, schließlich waren nur noch 20 Sekunden der fünfminütigen Nachspielzeit zu spielen. Was sollte da noch passieren? Zwar setzen wir so gar keine Impulse mehr nach vorne, aber hinten hatten wir alles unter Kontrolle.

Dann aber – in mehrfacher Hinsicht: der Nackenschlag.

Und aus der Komödie wurde ein Drama:

Elfmeter.

Gehalten!!!!!!!!!!

Nachschuss.

Scheiße.

(Hallo? Wie war das? „Impulskontrolle ist ein hohes Gut“? –  🙂 Der Red.)

Dennoch: VOR dem Spiel hätte jede/r ein solches Ergebnis gerne genommen. Und nach dem Spielverlauf muss man aus objektiver Sicht sagen, ist das Unentschieden nicht unverdient. Aber …

(auch Antwort an den Red.)
… verdammte Scheiße: Fußball ist nicht objektiv. Wäre es das, hätte man den Elfer auch nicht geben dürfen. Also, wenn die bezahlten Sitzschiedsrichter keinen Arsch in der Hose haben und (deshalb?) Scheiße bauen, darf man als zahlender Fußballfan das auch sagen. So!

(Länderspiel-)Pause.

 

 

 

 

 

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