Borussia Dortmund vs. 1899 Hoffenheim
Reflektion statt Reflexe
Der 30.000.000 €-Jackpot ist immer noch zu knacken
Als wir unseren kleinen, feinen Fanclub gründeten, taten wir dies mit dem Ziel, anders zu sein, um doch dasselbe zu bleiben: Fans des Fußballs. Ein wesentlicher Bestandteil hierfür war unser Ansatz, dir, geneigte/r Leser/in, in unseren Spielnachbetrachtungen eben NICHT das zu geben, was du erwartest, sondern MEHR …
Uns ging und geht es nicht um ein bloßes Nacherzählen der Geschehnisse, denn da gibt es tausend andere Quellen, die exakt das schneller tun. Und tendenziell missfällt es uns auch, in einen Chor miteinzustimmen, wohlwissend, dass es für uns leichter wäre und vielleicht auch mehr Sympathiepunkte brächte, wenn wir das schrieben, was du, geneigte/r Leser/in, lesen willst.
Dazu gehörte in der Vergangenheit, dass wir vieles, was im Verein suboptimal, sprich: beschissen lief, eben nicht zum Anlass nahmen, ebenfalls auf Kader, Taktik etc. einzuschlagen, sondern hierzu einen Gegenpol zu setzen, allein aus dem Grund, dass es „unser Verein“ ist und so, wie es völlig normal ist, dass man sich als Fan über Dinge echauffiert, die mies laufen, so selbstverständlich ist es für uns auch, „nach draußen“ anders aufzutreten. Man kennt das aus (wenn man Glück hat) der eigenen Familie. Da mag es mal Knatsch geben und man sich über einzelne Familienmitglieder aufregen, aber so etwas trägt man nicht nach außen. Man nennt das „Anstand“, sozusagen das Nördliche Breitmaulnashorn unter den Tugenden, denn: stark vom Aussterben bedroht.
Heute ist diese Tugend, (nicht wirklich) lustigerweise durch die „Sozialen“ Medien, bedrohter denn je, denn hier, im weltweiten Netz, das jedem die Möglichkeiten bietet, sich frei (und) nahezu überallhin zu bewegen, residieren die Menschen nicht in der Weite und Breite der Fläche, sondern sie verbarrikadieren sich in Höhlen, sprich: Echokammern, also an Stellen, wo sie sich sicher sein können, dass sie das hören, was ihnen genehm ist, wo sie permanent in ihrem Tun bestätigt werden, was zu einer absoluten Unfähigkeit führt, kritisch hinterfragt zu werden.
Wir könnten das jetzt noch weiter ausführen und dabei zum einen auf die Neandertaler verweisen, die im Gegensatz zum homo erectus den Schritt hinaus in die offene Steppe nicht wagten, weil es ihnen wohl zu gefährlich schien (der Ausgang ist bekannt), zum anderen auch die nachkommende Generation, die sogenannten „Millenials“, ins Visier nehmen, denen es ja fast schon völlig daran mangelt, sich konstruktiv und kritisch selbst mit konstruktiver Kritik auseinanderzusetzen. Doch das, auf „die Jugend von heute“ zu schimpfen, denn letztlich ist das ja nur die Folge unserer Fehlleistung in deren Erziehung, schließlich verwundert es nicht, dass sie sich als Prinzessinnen und Prinzen gebärden, wenn wir sie stets vor auch berechtigter Kritik schützen, indem wir beispielsweise in der Schule vorstellig werden, bloß weil uns die Note unseres Kindes nicht passt, werden wir genauso wenig tun, wie uns über die Schiedsrichterquadriga hier auslassen, auch wenn es mehr als berechtigt wäre, aber die Verantwortlichen des Vereins haben ja eigentlich schon in wenigen Worten alles dazu gesagt, was es zur Einordnung und Motivation braucht:
- Reflektion
(„Schiri ist ein echter Scheißjob“., Julian Nagelsmann) und - Humor
(„Ich habe darüber nachgedacht, in der Halbzeit ein Loch ins Tornetz zu schneiden, dass er uns da noch einen reinpfeift.“, Alexander Rosen)
Aber weil wir uns gerade in Letzterem ja auch immer wieder gerne versuchen – und ja auch nicht immer ganz erfolglos, erlauben wir uns dann doch noch die Erwähnung, dass deren Leistung ein echtes Emetikum aka Brychmittel war: zum Kotzen. In einer ersten Reaktion kam uns dann auch noch Wegmanns Fußballzitateklassiker in den Sinn:
„Erst hatten wir kein Glück –
und dann kam noch der Brych dazu!“
Gestern fanden wir das noch galgenhumorig, aber leider ist es ja auch falsch, denn man kann nicht sagen, dass wir vor dem Fehlentscheidungsbombardement kein Glück gehabt hätten – und zweitens lag es nur bedingt am Schiedsrichter, dass wir selbst sehr viele Fehler im Spiel machten.
Natürlich war es hart für die Mannschaft in einem so wichtigen und letztlich auch sehr teuren Spiel, schließlich winken bei der Qualifikation zur Champions League den Vereinen viele, viele Euronen mehr als wenn sie sich „bloß“ für die Europa League qualifizieren, so früh durch eine krasse Fehlentscheidung, die man selbst ohne blau-weiße Brille von der Nordwand aus im Stadion sah, in Rückstand zu geraten. Andererseits hatten wir von da an noch über 85 Minuten, das Spiel noch zu auszugleichen, denn letztlich war es ja „nur“ ein Tor.
Es hätten ja auch zwei sein können, doch um Wegmanns Bonmot noch mal umzuschreiben:
„Erst pfiff der Brych,
doch dann kam der Fußballgott dazu!“
als vom Phantom-Schiri ein Handspiel von Reus außerhalb des Strafraums nicht, statt dessen das Nichthandspiel von Kaderabek im Strafraum als ein solches gewertet wurde. Aubameyang verschoss. Fußballgott sei Dank, denn, wie gesagt, es war nur ein Tor Rückstand und noch sehr lange zu spielen.
Es bestand also Hoffnung in der mit rund 3.500 Besuchern ausverkauften und gar nicht mal so kleinen blau-weißen Ecke und bei den anderen rund 78.000 Verwunderung ob unseres Teams, dass danach begann, den Gegner vor heimischer Kulisse zu dominieren.
Sehr starke Ballkontrolle, sehr geduldiger Spielaufbau, viel Ruhe und Übersicht, das sah alles sehr gut aus, bis … ja, bis es dann in Richtung Spitze hätte gehen sollen, aber da ging wenig bis nichts zusammen.
So souverän unsere Defensivreihen und -aktionen waren, so mangelhaft waren wir es offensiv.
Natürlich kann man einwenden, dass es gegen einen solchen Gegner vor einer solchen Kulisse bei einem solchen Spielstand und einem solchen Zustandekommen des Rückstandes und dem, was danach folgte (kein Elfmeterpfiff für die TSG, obwohl Sokratis mitten im Spiel und vor allem im Fünfer unbedingt Wagners Trikot schien haben zu wollen, falscher Abseitspfiff kurz vor der Halbzeit, als Kramaric frei auf Bürki durch war), aaaaber … gegen die wesentlich schwächeren Frankfurter im letzten Heimspiel war unser Offensivspiel ähnlich harmlos.
Doch trotz der zahlreichen entscheidenden Fehlpässe in die Spitze und den vielen individuellen Fehlern bei Zuspielen und Laufwegen war es eine beeindruckende Mannschaftsleistung, denn trotz alledem verhinderten wir über fast die gesamte Spielzeit das, worauf die Borussen lauerten: einen schnellen Gegenangriff.
Selbst wenn es ihnen einmal gelang, den Ball zu erobern und in ihre Spitze zu spielen, waren Süle, Vogt und Hübner zur Stelle, so dass Baumann im gesamten Spiel aus dem Spiel heraus nur einen wirklich gefährlichen Ball zu halten hatte, was er in beeindruckender Manier mit einem Superreflex seines linken Arms gegen Reus auch tat – und damit exakt einen mehr als sein Gegenüber.
Dass es nicht zum verdienten Ausgleich gereicht hat, lag an einer katastrophalen Abwehrleistung vor der Borussen zweitem Tor, als der Flankengeber auf rechts am Flankengeben nicht gehindert wurde, Toljan sich auf drei Metern gefühlt fünf hat abnehmen lassen und der Sekunde des Glücks auf Seiten der TSG, da der Ball der Borussen nur an den Pfosten ging, die Minuten des Glücks für die Heimmannschaft folgte, denn der Ball sprang von da in die Mitte, wo Aubameyang völligst frei stand und nur noch seinen Kopf hinhalten musste, was ihm gelang.
Der so gerechtfertigte wie überraschende Elfmeter für die TSG, den Kramaric beeindruckend cool vor der gelben Wand verwandelte, ließ uns noch einmal hoffen, doch letztlich blieb es beim vierten 1:2 der Saison – und damit dem zumindest zwischenzeitlichen Verlust des 30-Millionen-Euro-Platzes.
Sch…
…on nächste Woche aber kann das anders aussehen. Vielleicht erhalten wir ja Schützenhilfe von unserem übernächsten Gegner. Doch dazu müssen wir selbst erst einmal unsere beiden Spiele noch gewinnen, um überhaupt von einem gelb-schwarzen Ausrutscher profitieren zu können. Auch das wird schwer genug.
Doch selbst, wenn uns das nicht gelänge, Platz 4 ist uns nicht mehr zu nehmen! Das allein ist doch schon einmal was. Und auch wenn da ein superschwerer Gegner auf uns warten wird, ist es ja nicht ausgeschlossen, dass wir den schlagen. Der Jackpot ist also noch zu knacken …
Ein solcher Gegner kann sein – entweder der Sieger aus den Partien der Vizemeister…
- der Niederlande
- der Ukraine
- der Türkei
- Russlands
- Belgiens
- Polens
- Tschechiens
- Rumäniens
- Griechenlands sowie des Dritten aus
- Frankreich
oder
- der Sieger der UEFA Europa League 206717
- der Dritte Portugals
- der Dritte Italiens
- der Vierte Spaniens
- der Vierte Englands
Und jetzt heißt es mal kurz „Kalender gezückt“:
- Ausgelost wird am 4. August 2017.
- Hinspiele am 15./16. August 2017
- Rückspiele 22./23. August 2017
- Vor den Hinspielen ist DFB-Pokal.
- Dazwischen der Saisonbeginn.
- Dann der 2. Spieltag.
- Und in der Regel dann erste (Länderspiel-)Pause …
- In der Champions League-Gruppenphase geht es dann am 12./13. September 2017 los.
- Die Europa League startet am 14. September 2017.
Aber jetzt geht es nächsten Samstag erst einmal an den Ort, wo alles begann mit Julian Nagelsmann … und selbstverständlich sind wir da auch dabei – ebenso wie beim ersten Auswärtspflichtspiel auf internationaler Bühne, denn das versprachen wir uns auch, als wir unseren kleinen, feinen Fanclub gründeten … und da wir noch das Nördliche Breitmaulnashorn der Tugenden besitzen, gilt für uns selbstverständlich: pacta sunt servanda
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