1899 Hoffenheim vs. 1. FC Köln
Ehrlich. Weiter. Machen.
Die Lage nach der Niederlage
Es war nur einer, einer von einigen, aber auch nicht allzu vielen: ein Ballverlust. Und der führte zum einzigen Treffer des Spiels – und der zur dritten Heimniederlage im dritten Heimspiel in dieser Saison – in zum dritten Mal in Folge ausverkauften Stadion – und mit alledem hatten wir vor der Saison gerechnet. Wie auch, dass wir uns nach diesem Spieltag erneut nach einem neuen Trainer würden umschauen müssen, insbesondere, wenn das Spiel verloren ginge, was es tat, auch wenn es so verloren gehen würde, wie es das tat – maximal unglücklich, aber auch ehrenhaft.
Und Ehre ist zumindest etymologisch die Basis der Ehrlichkeit.
„Ehrlich“ war ursprünglich nur jemand, der der Ehre (althdt.: ēra (bzw. mhd.: êre): „Würde, Achtung, gesellschaftliche Wertschätzung“, aber auch „innere Lauterkeit“ oder „Selbstachtung“.) würdig war.
Daraus entwickelte sich dann die Bedeutung Wahrhaftigkeit / Aufrichtigkeit.
Und wie wir das Spiel verloren, war aller Ehren wert. Damit meinen wir natürlich nicht, dass wir „mit wehenden Fahnen“ untergegangen sind, sondern dass unsere Mannschaft wahrlich bis zur letzten Sekunde alles versuchte – und immer mit Herz UND Hirn –, diesen doofen Rückstand aus der 16. Minute, wo wir einmal zu viel Abstand hatten – und damit der Kölner Stürmer zu viel Spiel für sein Spiel –, auszugleichen.
Genug Chancen gab es ja, aber …
Nein, natürlich werden wir weder Burger, Tourè, Damar oder sonst einen Spieler aus unseren Reihen für diese Niederlage verantwortlich machen – und auch nicht den Trainer, was uns vor Saisonbeginn eine Freude gewesen wäre.
„Wir wollen nicht Gott und Moral,
wir wollen die intellektuelle Redlichkeit!“
Das klingt ein wenig nach Fangesang („We are red, we are white …“), ist aber Nietzsche, der, wie wir, ein großer Freund der Ehrlichkeit (im heutigen Sinne) war. Und uns wäre es eine Ehre, wenn wir in diesem, seinem Zusammenhang genannt würden.
Für Nietzsche war Ehrlichkeit die höchste intellektuelle Tugend. Man solle und müsse vor allem sich selbst gegenüber radikal sein. Nur durch die Schonungslosigkeit gegenüber sich selbst vermeidet man die Selbsttäuschung.
Ein Konzept, dass heutzutage maximal unpopulär ist. Nicht in das eigenen Weltbild passende Fakten führen nicht zu einer Änderung des Weltbildes, sondern zu einer Änderung der Fakten – entweder der Fakten selbst oder der Art und Weise ihrer Präsentation (Verkehrung, Negation, Relativierung). Nicht die Wahrheit wird verteidigt, sondern die Wahrnehmung. Aber allein das Beharren auf dieser Unterscheidung macht einen heutzutage zumindest suspekt – zumindest, und das dürfte Nietzsche heutzutage ganz besonders stören – in Intellektuellenkreisen, die heutzutage weniger denn je Ecken und Kanten haben.
Wir hingegen in diesem Spiel mehr denn je – also Ecken. Elf.
Unsere Elf startete mit zehn Feldspielern, die man im Trainingslager vor der Saison 2024/25 allesamt nicht sah. Die meisten davon sind gerade mal rund ein Vierteljährchen in unseren beschaulichen Gefilden – und dennoch stand da wieder einmal eine Mannschaft auf dem Platz, ein homogenes Team aus sehr heterogenen Komponenten – und dafür sind nun einmal zwei Menschen verantwortlich und eigentlich – zumindest in der (medialen) Wahrnehmung einer: der Trainer.
Beim großen Umbruch in der letzten Saison war er die letzte Veränderung im ganzen Drumherum und doch das Gesicht des Chaos. Und auch wir fremdelten sehr mit ihm. Das hatte durchaus auch etwas mit Stil zu tun.
Dabei werten wir nicht, ob Frau oder Mann einen Dildo in seinem Eigentum hat und ob oder wie dieser Gegenstand genutzt wird, aber per se gehört er für uns doch eher im Falle seiner Nutzung in einem Sinne, für die er funktional weder konzipiert noch produziert wurde, unmotiviert in eine Schublade als motivierend in eine Umkleidekabine.
Auch sein sonstiges Auftreten missfiel uns schlicht. Nun würden wir ihn immer noch nicht als eine Stilikone ansehen, aber was er (zusammen mit Schicker) in der Sommerpause geschafft hat, wovon uns ebenfalls sehr vieles – gerade auch stilistisch – missfiel (Grillitsch weg, Kaderabek weg, Samassekou, Becker …), nötigt uns auch den allerhöchsten Respekt ab – auch wenn die PreZero-Arena mehr eine Sandburg, denn einer Festung gleicht – oder wenn schon Festung, dann eher an Troja denn Castell de Cardona.
Letzteres liegt aber natürlich nicht an den beiden, sondern an der Geisteshaltung derer, die in allem, was da ist und von dem offensichtlich (har, har) keine Gefahr ausgeht, ein Geschenk sehen: sprich: Gier (einerseits) und (andererseits) Geiz.
Die Trojaner sahen in dem Pferd vor den Toren ihrer Stadt ein Geschenk der Göttin Athene und schlugen daher alle Warnungen von Kassandra und Laokoon in den Wind, bei der TSG freut man sich über Auslastung, weil Umsatz, weil … äh … Umsatz, sprich: Geld eben. Wessen Geld das ist, welchen Effekt das in der heutzutage ach so wichtigen Wahrnehmung hat, die ja ihrerseits wieder Wahrheiten schaffen kann, interessiert nicht. So schränkte/stellte das TSG_Ticketing auch die Infomails über den Start des Vorverkaufs für Dauerkartler etc. ein. Zu welchem Behufe? Nun, es ist weniger Aufwand für die TSG und die Tickets gehen ja in einer Geschwindigkeit weg, was den ein oder anderen sehr erregt haben dürfte.
Was dem einen sein Dildo, ist dem andern sein Brutto.
Und so wurde unser Spielplatz wieder von Fans des Gastes eingenommen. Eigentlich auch nicht so schlecht, schließlich schafft das ja Auswärtsatmosphäre – und wenn wir wo bisher gepunktet haben, dann eben in der Ferne. Wahrnehmung. Wahrheit aber ist, wir spielten zu Hause. Und wir spielten gut. Wir erspielten uns auch viele Chancen. Wir trafen auch aufs Tor, aber halt nicht ins.
Am Ende der 90+ Minuten fehlte uns aber nicht nur ein Tor, uns fehlte über die 90+ Minuten auch Spiel-, aber auch Schiedsrichterglück. Zwayer war schnell dabei, die gelbe Karte zu zücken. Und wie so oft, war es auch diesmal so, dass, wenn eine Situation so oder so hätte ausgelegt werden können, ging es zu unseren Ungunsten aus. Die Folge war, dass Touré nach rund zehn Minuten durch die völlig überzogene Verwarnung so gut wie kaltgestellt wurde für Zweikämpfe, was unserem Spiel nicht zuträglich war. Rechts sind wir einfach deutlich schwächer.
Dennoch kam der bisher in dieser Saison schnellste Spieler der Bundesliga wie auch unsere Elf in sehr aussichtsreiche Positionen, gleichzeitig unsere Mannschaft aber durch die Pfeiferei immer wieder aus dem Rhythmus. Dafür festigte sie den Platz 1 in der Tabelle der Foulspiele.
Das scheint ein Teufelskreis zu sein. Wir bekommen viele Fouls gepfiffen, gerne auch welche, die keine sind, die aber in die Statistik einfließen, die die Schiedsrichter natürlich kennen, so dass diese dann dazu tendieren, bei Zweikämpfen gegen uns zu pfeifen, denn die Statistik zeigt ja, dass wir viel foul spielen.
Aber auch da tut sich was auf der Bank. Einer unserer Co (wie auch einer unser Ex-Co-)Trainer wurde ebenfalls vom Schiri verwarnt, weil er wohl sein Missfallen über die Vorgehensweise auf dem Platz wohl zu deutlich zum Ausdruck brachte, aber es ist wichtig, dass wir uns auch da einmal wehren. Viel zu lange schon nimmt die TSG derartige Entscheidungen relativ klaglos hin.
Wenn sich schon die „Komfortzone TSG“ für die Spieler geändert hat, ist es auch nicht verkehrt, dass die TSG auch keine Komfortzone mehr für DFB und DFL ist.
Wie bereits in der Vorwoche hat unsere Mannschaft alles getan, was sie tun konnte. Wie bereits in der Vorwoche fehlte aber ein Quäntchen, um mehr Zählbares aus der Partie mitzunehmen. Immerhin fiel nur ein Gegentreffer. Und immerhin fiel der nicht nach einem Standard. Also scheint das mit dem Verteidigen besser funktionieren. Jetzt wäre es nur noch schön, wenn wir aus eigenen Standards mehr (Verwertbares) machen würden. Diesmal hatten wir, wie oben bereits erwähnt, elf Ecken, was wirklich viel ist für unsere Verhältnisse, aber von ihnen ging null Gefahr aus, obwohl sie von Damar getreten wurden, der ja ein Ruf vorausgeht, bessere Ecken als Kramaric schießen zu können. Den Beweis blieb er noch schuldig, während Kramaric, als er für Damar kam, bestätigte, dass seine Ecken meist harmlos sind.
Nun, jetzt ist erneut Länderspielpause. Vielleicht nutzt unser Trainer ja die Zeit, um sich mal das Konzept Damaric durch den Kopf gehen zu lassen (geopfert würde dafür Burger).
Ansonsten bleibt uns nur, diese unverdiente Niederlage stoisch zu ertragen, auch wenn der Stoizismus heutzutage und gerade im Fußball nicht sehr populär ist. Auch wenn wir oben den (eigentlich: die) Schiedsrichter mitverantwortlich dafür machen, dass die TSG da steht, wo sie steht – ganz gleich, in welcher Tabelle –, tun wir das ja nicht, um von Defiziten (Präzision, Chancenverwertung) abzulenken. Da ist noch einiges zu verbessern. Doch beides gilt. Und beides hängt miteinander zusammen.
Aber nur eines kann Ilzer et al. direkt und unmittelbar beeinflussen. Und es gibt Indizien, die einen zuversichtlich in die Zukunft blicken lassen. Und wahrscheinlich braucht es nur genau den einen, den einen Moment, der den Ball, das Pendel in unsere Richtung schwingen lässt, so dass wir die niedrigen Tabellenregionen endlich verlassen können.
Denn bei aller Freude über die Attraktivität unseres Spiels dürfen wir uns nicht blenden lassen, dass wir nur sieben Punkte haben. Auch das gehört zur Ehrlichkeit: Die hatten wir in der Vorsaison nach sieben Spieltagen auch. Und der 7. Spieltag steht jetzt an … nach der …
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