1899 Hoffenheim vs. Hertha BSC
Die Simplizität des Seins
Terminologische Archaik als hermeneutische Basis
Eine der vielen simplen Wahrheiten der Werbung lautet: „K.I.S.S.“ Damit ist weder die Rockband gemeint, noch ist es ein subtiler Hinweis auf Weihnachts- und weitere Betriebsfeiern ohne Krisen und Viren. Es ist schlicht die Antwort auf die Frage nach dem Erfolg: „Keep it simple and stupid.“ (wahlweise auch: „Keep it simple, stupid!“)
Das Geheimnis des Erfolgs ist demnach eine immanente Simplizität. Eine Allgemeingültigkeit daraus abzuleiten ist an dieser Stelle nicht möglich, doch das Spiel gegen Berlin lieferte ein wunderbares Indiz dafür, dass es zumindest im Fußball so ist:
Nicht der prozentuale Anteil des Ballbesitzes während des Spiels, der gefühlt 70:30 zugunsten unserer Jungs ausging, entscheidet, auch nicht das Eckenverhältnis, obgleich 1899 in diesem Spiel mit 15:2 einen Saisonrekord aufgestellt haben dürfte, auch nicht die Anzahl der Torschüsse, Angriffe, Chancen entscheiden, zum Glück auch nicht Flanken und Hereingaben, sondern ausschließlich Tore bzw. letztlich, wie eben in diesem Spiel auch: ein Tor.
Es war der einzige Angriff der Berliner im ganzen Spiel, es war so ziemlich die einzige Unkonzentriertheit in der rückwärtigen Bewegung, es war zum Haareraufen. Es war ein schöner Abend und größtenteils auch ein schönes Spiel; nur eben keines schönes Ergebnis.
„Warum ermöglichen wir jeder Gastmannschaft hundertprozentige Effektivität?“
Das Verlangen einer kausalen Begründung ist verständlich, um dem emotionalen Geschehen rational Herr werden zu können. Und gewiss wird es diverse gruppendynamische sowie anthropologische Ansätze geben, die hier eine Annäherung ermöglichen könnten. Am wahrscheinlichsten jedoch ist der Ansatz der normativen Kraft des spielimmanenten Faktischen nach Brehme.
Und wie verzweifelt müssen da die Spieler sein? Ohne Selbstreflektion wird dies für einen Fan nicht möglich sein zu ergründen. Wer jedoch in der Lage ist, sich selbst und sein Umfeld wahrnehmen, erhält sehr schnell einen Eindruck der Gedanken der Akteure auf dem Rasen.
Längst ist das motivierende „Auf geht’s!“ nach einem Ballverlust verschwunden. Immer mehr Pfiffe sind von den Rängen zu hören (sonst leider nur wenig). Es beginnt das blamestorming:
– Auf einen verlorenen Zweikampf folgt eine Beschimpfung.
– Wenn der Ball nicht rollt, sondern springt, ist nervös-genervtes Raunen von den Rängen zu vernehmen.
– Wenn eine Standardsituation wieder Opfer technischer Unfertigkeiten oder der Intnetion einer zu „optischen“ Spielweise wird, wird gepfiffen.
– Wenn der Spieler schießt/passt, ereilen ihn rund 20.000 Hinweise, dass er besser gepasst/geschossen hätte.
etc.
Solche Ratschläge sind nicht nur kostenlos, sondern auch umsonst. Sie dienen nicht der Mannschaft und auch nicht dem Ziel, welches man selbst gerne erreichen würde. All diese Kommentare des Misserfolgs sind eigentlich nur Ausdruck eigener Frustrationen. Und die kommen von enttäuschten Erwartungen. Aber hat wer wirklich erwartet, dass es im neuen Stadion weiter geht, wie es in Mannheim endete? Erinnert sich noch wer?
Übrigens: Diese Anzeige unseres CCEO gewann sowohl den Preis „Anzeige des Monats Dezember 2008“ (Trailer ansehen) als auch Bronze im Wettbewerb „Anzeige des Jahres 2008“ des „Mannheimer Morgen„. Der Preis wurde ihm überreicht von Jochen A. Rotthaus, Geschäftsführer der TSG 1899 Hoffenheim, der seinen Tipp („2:1 für Hoffenheim, 85. Minute Ba“) gerne hörte. Leider hat unser CCEO im Gegensatz zur Anzeige mit diesem Tipp keinen Volltreffer gelandet.
Es wird wohl so werden, dass unsere Mannschaft von der Wundertruppe der Hinrunde zum Kellerkind der Rückrunde mutieren wird, was uns den zweifelhaften Titel „Schlechtester Herbstmeister aller Zeiten“ einbringen wird, der aber nur auf den ersten Blick negativ klingt. Darin steckt nach wie vor: „Herbstmeister!“ Und dieses Potenzial steckt auch in der Mannschaft.
Gewiss wird die Mannschaft alles dafür tun, dieses Potenzial auch wieder zur Geltung und Wirkung kommen zu lassen. So hat die Torschussquote in den letzten beiden Spielen deutlich zugenommen.
Jetzt liegt es am Fan, seine Bundesligatauglichkeit unter Beweis zu stellen. Und damit sind nicht die Fanclubs auf der Südtribüne gemeint. Sie versuchen ihr Möglichstes. Das Eventpublikum muss lernen, dass es bar jeglicher normalbürgerlichen Konventionen es durchaus auch opportun ist, nicht nur bei einem Länderspiel während eines internationalen Turniers oder im Erfolgsfalle, sich lautstark bemerkbar zu machen. Und dabei wird es weder literarisch noch wirklich musikalisch zugehen, und doch vergibt man sich nichts, wenn man sich auch zum Zwecke der Motivation der Menschen, die man gerne siegen sähe, sich geographischer Kommunikationsfraktale bedient, z. B. „Hoffe! Hoffe!“
Wir „hoffe“, dass sich das noch ändert. Oder wenn nicht, „hoffe“ wir mal, dass der „Misserfolg“ zu einer Reduktion im Ticket- und Dauerkartenverkauf führt. Das wird zwar den Geschäftsführer erstmal nicht so freuen, aber er kennt ja jetzt eine Agentur, die ihm dann helfen könnte 🙂
Ach, das Spiel …. Was soll man bei so einer Überlegenheit sagen? Andi Brehme hat wohl Recht mit seiner Spielwesensanalyse: „Haste Scheiße am Fuß, haste Scheiße am Fuß!“
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