Eintracht Frankfurt vs. 1899 Hoffenheim
Ja, aber …
Das Problem der individuellen Klasse
Wäre es anders, wäre es besser.
Ja, aber … Nein. Keine Sorge. Das ist keine Lebensphilosophie. Doch, ist es, aber nicht unsere. Wir sind per se dankbar. Dankbar dafür, dass wir gesund sind, dass es unseren Familien, Freunden, Bekannten im Wesentlichen gut geht, dass sie (überwiegend) gesund sind, ein festes Dach über dem Kopf, fließend warmes und kaltes Wasser sowie genug zu essen und trinken haben.
Ja, aber … das ist ja selbstverständlich, hören wir da im Hintergrund wen murmeln. Und dieser Person möchten wir nur drei Stichworte nennen, um sie zu motivieren, diese vermeintlichen Selbstverständlichkeiten eben nicht als solche anzusehen: Corona, Ahrtal, Ukraine.
Ja, aber … das hat nichts mit Fußball zu tun. Das stimmt natürlich. Es sei dennoch oder gerade deshalb an dieser Stelle an den schon lange nicht mehr zitierten Spruch erinnert, wonach Fußball die schönste Neben-, nicht Hauptsache der Welt ist. Einfach, auf dass es helfen möge, seine auch emotionalen Prioritäten richtig zu setzen – und gewisse Emotionen gerade eben zu unserer Mannschaft auch nach diesem Spiel und zu so manchem Spieler zu relativieren.
Ja, aber … natürlich verstehen wir auch den Groll: Da waren wir so nah dran, vielleicht sogar Champions League zu spielen und jetzt wird es wahrscheinlich nicht mal was mit der UEFA Conference League. Wie (eingangs) gesagt: Wäre es anders, wäre es besser. Und damit ist nicht die Bundesliga-, sondern die pH-Tabelle gemeint. Denn wenn uns wer unmittelbar nach dem Schlusspfiff gefragt hätte, wie sauer wir über das Spiel und vor allem dessen -ausgang sind – auf einer Skala von 0 – 10 –, hätten wir liebend gerne geantwortet: 14.
Ja, aber … genau! Das ist vielleicht lustig, aber unsinnig, denn man kann – auf der pH-Tabelle gar nicht weiter vom Sauersein entfernt sein als eben mit diesem Wert. Da gilt als „sauer“ nur das, was in der Bundesliga-Tabelle direkt für die UEFA-Wettbewerbe qualifiziert.
Wir liegen nach dem Spiel aber auf einem leicht basischen Platz 8 – einem Wert, der pH-technisch dem Dünndarmsaft des Menschen entspricht. Und weil – ohne dir, geneigte/r Leser/in, jetzt unterstellen zu wollen, dass du mit unseren Ergüssen umgehst wie Dabbur mit dem Ball im Allgemeinen und Chancen im Besonderen – diese Superpointe Gefahr läuft, überlesen zu werden, zitieren wir hier zwei weltmeisterliche Klassiker aus der Kiste der Fußball-Bonmots:
„Wir hatten alle die Hosen gestrichen voll, aber bei mir lief’s ganz flüssig.“
(Paul Breitner)
Interpretationszaunpfähle: pH-Wert 8, Dünndarmsaft
„Haste Scheiße am Fuß, haste Scheiße am Fuß!“
(Andreas Brehme)
Interpretationszaunpfähle: Dabbur, Bebou, Kramaric et al.
Zwar kann man sich darüber freuen, dass wir überhaupt mal wieder welche kreiert haben, dass der Ball innerhalb eines Spiels regelgerecht zwei Mal im gegnerischen Tor landete, denn auch das ist eine Rarität.
Zuletzt gelang uns das vor ziemlich auf den Tag genau vor zwei Monaten im Spiel gegen den VfB Stuttgart und noch eine Woche länger ist es her, dass uns dies auf fremdem Platz gelang (beim VfL Wolfsburg). Beide Male verließen wir – gerade, was die Partie bei den Niedersachsen angeht – als glücklicher Sieger den Platz. Es folgte noch ein 1:0-Sieg in Köln, der auch nicht wirklich tipptopp souverän herausgespielt war. Doch darum geht es ja nicht im Fußball. Es geht jeweils um drei Punkte und die konnten wir da nach jeder dieser Begegnungen einfahren. Drei Punkte haben wir jetzt auch wieder eingefahren – insgesamt, seit dem Spiel in der Domstadt. Zu wenig wohl für Europa. Der Zug scheint abgefahren.
Ja, aber … wir leben nicht in der Vergangenheit. Wir rechnen (mit der Deutschen Bahn, d.h. irgendeiner Verspätung, und) uns doch noch Chancen aus – auch wenn bzw. weil es jetzt nur noch gegen starke Gegner geht.
Ja, aber … wie denn, hören wir da wieder jemanden kritisch murmeln, haben wir nicht gerade in dem Spiel gegen Frankfurt gesehen, dass diese Mannschaft nicht die Qualität hat, ganz oben in der Spitze zu bestehen? Haben wir? Haben wir nicht eher gesehen, dass die Mannschaft nicht die Qualität hat, in der Breite ganz oben zu bestehen?
Dazu werfen wir einfach mal einen Blick auf die Ersatzbank: Philipp, Che, Nordtveit, Rutter, Rudy, Skov, Adams, Asllani.
Wenn man sich das also mal anschaut, wer da sitzt, kann man erahnen, wer auf dem Platz steht – und weiß, dass da sehr, sehr viele Stammspieler fehlten: Kaderabek, Baumgartner, Hübner, Grillitsch, Geiger, sowie Bicakcic, John und Richards.
Ja, aber … die verbleibenden Spieler sind ja auch Profis, spielen ja auch regelmäßig, trainieren zusammen – und da müsste man schon erwarten können, dass sie auch als Mannschaft auftreten und agieren. Und wenn man eben sehen muss, dass da in puncto Zusammenspiel wenig bis gar nichts geht, dann geht das einem schon sehr gehörig auf die Nerven.
Ja, aber … nichts aber. Das war leider erneut erschreckend.
Natürlich hatten wir diese Saison schon weitaus schlimmere Spiele gesehen (gegen Mainz und Stuttgart in der Hinrunde, Hertha und Fürth in der Rückrunde), aber dass wir nach rund einem Jahr immer noch keine Passsicherheit hinbekommen, die Läufe immer noch nicht automatisiert zu sein scheinen, dass sich immer noch kein klassisches Gehirn im Gefüge der Elf auf dem Rasen zu erkennen gibt (andere Schreiberlinge würden das vielleicht eher „aggressive leader“ oder „Leitwolf“ nennen), irritiert sehr.
Stattdessen sah man zwar Struktur, auch Engagement, aber im Grunde fehlte bis auf wenige Ausnahmen über 90 Minuten das Gefühl für die jeweilige Situation.
Musikkenner kennen das:
Man sieht die Noten, die perfekt platziert sind, es gibt bisweilen auch Angaben zur Spielweise, und es gibt die zur Partitur passenden Musiker/innen, die alle alle Noten ihres Parts perfekt spielen können. Und wenn sie spielen, spielen sie auch genau das. Aber wenn sie nur das machen, wird es falsch klingen. Es fehlen die Übergänge, es fehlen die Momente, wo das eine Instrument sich zurücknimmt oder mehr in den Vordergrund spielt, um die jeweiligen Akzente zu setzen oder setzen zu lassen. Bei uns aber wollen entweder alle den Ton angeben. Oder niemand. Oder es setzt wer zu den unpassendsten Momenten, die Kapri-, Triolen an, mit denen der Fokus der Passage völlig verzerrt wird.
(siehe, nein: höre Video zum Spiel)
Immer wieder ist bei uns von der „individuellen (!) Stärke“ des Kaders die Rede. Das ist nicht falsch. Einerseits. Andererseits ist es sehr falsch. Weil es eben ein Mannschaftssport ist und entsprechend wäre es wahrscheinlich sinnvoller und auf jeden Fall wünschenswerter, der Kader würde sich durch eine kollektive (!!!) Stärke auszeichnen.
Wie erreicht man das? Klar, gibt es da den ein oder anderen, der da spontan „Trainerwechsel“ schreit und auf Streich, Fischer, Baumgart und vielleicht sogar Materazzo verweist.
Ja, aber … vielleicht sollte man einigen Spielern einfach ihre Spielekonsole wegnehmen, so dass sie erst gar nicht versuchen, irgendwelche Kunststückchen, die ihr oder ein Avatar in diesem digitalen Spiel vollführen kann, diese im analogen, sprich: realen Spiel aufzuführen.
Und damit wären wir endlich beim Spieler des Spiels: Dabbur.
Wir sehen, was er tut, verstehen es aber nicht und wundern uns nur allzu oft, wie und warum er was tut. Vorweg: Er hätte Kramarics Flanken niemals so einnetzen können, wie es dankenswerterweise sein Gegenspieler für uns tat. Aber warum er gefühlt jeden Ball zu lange führt oder nicht zum Mitspieler bringt oder wenn, dann meist so, dass dieser kaum bis nichts damit anfangen kann, warum er sehr oft den besser platzierten Mitspieler nicht sieht oder diesem dann auch mal potenziell beste Chancen zunichte macht, aber trotzdem spielt, ist ein Mysterium. Er scheint prinzipiell in wirklich jeder Situation prinzipiell die falsche Entscheidung zu treffen. Zumindest gestern war dies der Fall. So nahm er einen wunderbaren Querpass von Raum auf den am Strafraumrand lauernden Kramaric vor letzterem und drosch ihn ins Nichts, während er den Ball nach der Ecke am eigenen Strafraum nicht weggedroschen hat, sondern nach innen (!) passte – fast schon überflüssig zu erwähnen, dass der Pass nicht gut war –, was letztlich zur 2:1-Führung für die Hausherren sorgte. Dass er dann den Ball auch noch völlig frei vor dem Tor bei liegendem Gästetorwart über UND neben das Tor setzte, war das vielleicht eindrücklichste Indiz seiner völligen Inkompetenz, zumindest Indisponiertheit, zumindest am gestrigen Tag.
Ja, aber … war das nicht Abseits? Ja, war es, aber das bekam er in dem Moment ja gar nicht mit. Vielmehr war es seine Ehrenrettung und Schutz davor, dass diese Szene keinen Einzug in Clips im Sinne von „Die 10 peinlichsten Nichttore“ finden wird.
Hier die wahrscheinlich ewige Nr. 1 – samt Analyse:
Ja, aber … hatte Hoeneß eine Alternative auf der Bank? Mehrere. Aber sein Zutrauen in Skov schien nur fünf Minuten groß, denn er ersetzte unseren FIFA-Konsolenkönig erst in der 87. Minute für ihn vom Feld. Und das Vertrauen in Asllani war offensichtlich noch geringer. Zu seiner, Hoeneß‘ Ehrenettung muss man aber halt auch erwähnen, dass sowohl Skov als auch Asllani lange verletzt waren – und er wird wissen, wie fit die beiden wirklich sind.
Zum Glück brachte er 20 Minuten zuvor Rutter, der seine erste Chance nutzte und den Ausgleich nach einer sehr schönen Vorarbeit von Kramaric erköpfte. Gewiss eine gewisse Genugtuung für unseren (Ex-)Torjäger, nachdem ihm Dabbur kurz zuvor die Superchance vom Fuß nahm, in dem Moment, die aber eine Viertelstunde später keine Rolle mehr gespielt haben dürfte, denn Kramaric hatte noch eine. Diese aber vereitelte der Keeper der Hausherren, so dass es am Ende bei dem für uns bedauerlichen Unentschieden blieb – und damit im Grunde das Ende der Träume von Europa.
Ja, aber … noch sind ja noch drei Spiele zu spielen. Noch ist nicht alles verloren. Aber den von Herrn Hopp und allen anderen Hoffenheim-Fans erwarteten / -hofften Platz 6 zu erreichen, wird sehr schwer. Denn jetzt haben wir es nicht mehr selbst in der Hand. Jetzt reicht es nicht einmal mehr, wenn wir alle unsere Spiele gewinnen würden.
Wäre es anders, wäre es besser.
Jetzt brauchen wir das, was uns auch in Sachen Personal und dessen Fitness nicht hatten: Glück.
Ja, aber … vielleicht haben wir das ja.*
Und vielleicht und hoffentlich auch Nordtveit, der kurz vor Schlusspfiff verletzt das Spiel verlassen musste. Die Wahrscheinlichkeit, dass wir ihn nochmals im TSG-Trikot sehen, scheint sehr gering, da sein Vertrag nicht über den 30. Juni 2022 hinaus verlängert wird.
Damit wäre er bereits der zweite Spieler – nach Richards – für den die Saison 2021/22 vorzeitig beendet wäre. Und auch er wird, weil Ende der Leihe, die TSG zum Ende der Spielzeit verlassen.
*Und selbst wenn nicht:
Ja, wir bleiben ohne Wenn und Aber …
- auf dem Boden
- auf einer Skala von 0 – 10 mindestens mit dem Wert 14
- pH: pro Hoffe.
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