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Akademikerfanclub 1899 Hoffenheim Rhein-Neckar Heidelberg 2007 e. V.

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1899 Hoffenheim vs. Borussia Mönchengladbach

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Faust

Sacken und stecken lassen

Ein Meisterwerk. Eines der ganz wenigen, das auch außerhalb unseres Dunstkreises bekannt wurde. Und obwohl derjenige, der es erschaffen hat, Experten durchaus bekannt ist, hat er bei weitem nicht den Nimbus, als wenn er von der Insel käme. Doch das muss uns nicht grämen. Wir erfreuen uns auch so an ihm und seinem Meisterwerk, in dem man wahrlich alles zu allen Lebenslagen findet – und so überrascht es auch nicht, dass sich in Goethes „Faust I“ genau jene Zeilen finden, genauer: die Zeile (Vers 1112), die die Gemütslage eines jeden das Fußballspiel liebenden Hoffenheim-Fan perfekt beschreibt:

„Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust!“

Was soll nun überwiegen? Die Freude, eines wunderschönen Fußballspiels gewahr worden zu sein, die dem Geist des Spiels an sich vollumfänglich gerecht wurde? Oder die Gram ob der ersten Niederlage im heimischen Rund nach 22 Bundesligapartien, die gerecht war.

Es ist keine leichte Entscheidung, zumal man bei dem dem Fane innewohnenden Verdruss nicht ausschließen kann, dass hier der Groll hineinspielt, da diese Niederlage auch dem verklärtesten Blick des Liebenden offenbarte, dass die unnötigen Punktedrein- und -hergaben der letzten Partien sich nun endlich gerächt haben.

Ein jäher Rutsch in der Tabelle ist die Folge – von Platz 4 auf Platz 6 –, dem ein weiterer Absturz folgen könnte, gibt es denn keinen nennenswerten Puffer mehr zu denen, die uns in der Tabelle nachfolgen.

Hach, so seufzt man doch bitterlich, wären doch nur die letzten beiden Partien gewonnen worden. Wir lägen auf Platz 2.

Und schon jubiliert wieder das Herz des Freundes der Fußlümmelei, denn die Liga ist nach nun fast einem Drittel der gesamten Runde so nah beieinander wie seit gewiss einer Dekade nicht mehr – und noch sind wir, obgleich nicht drin, so doch dran an der Tabellenspitze.

Es ist jedoch nur ein schwacher Trost, denn eine solche Phase, wie wir sie nun erleben, kennt man als Fan der TSG schon seit der Zeit des Endes der Winterzeit des Vorjahres nicht mehr. Bislang war die Ära Nagelsmann von Anhöhen und Gipfeln gekennzeichnet. Natürlich gab es dazwischen kleine Senken zu durchschreiten, aber Tiefen gab es seit ehedem nicht zu überwinden.

Vielleicht ist es die Folge des Sommertrainingslagers, dass die Mannschaft sich bislang sehr gut über den unter ihr liegenden Abgrund hangelt und immer wieder die Balance findet. Aber solange nur eine Serie reißt, wird es weder zu einem Bein- noch zum wohl, wenn man den Worten unseres Trainers auf der Vor-Spiel-Pressekonferenz Glauben schenkt, vor allem von lokalen Medien herbeigesehnten Genickbruch kommen.

„Belastungssteuerung“ war das Schlagwort, mit dem Julian Nagelsmann den Wortschatz des Hoffenheim-Fans vor der Saison bereicherte – und so langsam wird überdeutlich, was er damit meint. Hatten wir in der letzten Spielzeit nach dem Absteiger Ingolstadt die wenigsten Verletzten zu beklagen, stellt sich dies in dieser Spielzeit komplett anders dar.

Nun wollen wir uns nicht beklagen, sondern sehen mit Ver- und Bewunderung, dass es unserem Trainer trotz dünner Personaldecke immer wieder gelingt, eine Elf ins Spiel zu schicken, die es einem warm ums Herz werden lässt. Leider wird sie halt aber auch immer kalt erwischt – diesmal vom Verletzungspech.

Uth musste schon recht früh in der ersten Halbzeit verletzungsbedingt raus, für Kaderabek war dann ebenfalls verletzungsbedingt kurz nach Wiederanpfiff Schluss.

Damit fehlten uns zwei der treibenden Kräfte in unserem Spiel nach vorn. Wie entscheidend sie auch für Entlastungen waren, spürte man dann vor allem ab der 60. Minute, als auch dem bis dahin überragend agierenden Torschützen unseres Führungstreffers die Kräfte schwanden. Aber eine Stunde lang war Demirbay der Dreh- und Angelpunkt einer Mannschaft, die so in dieser Saison auch noch nie zusammengespielt hat, was man ihr aber kaum anmerkte. Der unsicherste Spieler im Defensivverbund war noch der Mann mit der größten Erfahrung, aber seine (provozierten) Fehlpässe führten zu keinen (Torer-)Folgen. Vogt standen diesmal wahre Novizen zur Seite. Zusammen mit Posch und Akpoguma spielte die vielleicht jüngste Dreierkette aller Zeiten sehr souverän zusammen, baute das Spiel mit großer Gelassenheit auf, so dass man das Fehlen des gelb-gesperrten Hübner nicht wirklich merkte.

Dank des sehr agilen Demirbay sowie sehr guten Verlagerungen des Spiels auf die Flügel, wo es Kaderabek und Schulz immer wieder gelang in den Rücken der Abwehr zu kommen, konnten wir die Gäste immer wieder unter Druck setzen. Allerdings fanden ihre Bälle so gut wie nie einen Abnehmer. Zum einen waren die Flanken schlecht geschlagen, zum anderen konnten sich weder Wagner noch Uth-Ersatz Kramaric mit Ball in Szene setzen.

Andererseits spielten die Gäste auch mit zwei sehr dynamischen Abwehrreihen, die gleich zwei Probleme für uns darstellen: Sie machten das Durchkommen schwer, sie machten nach Balleroberung das Spiel schnell. So kamen auch die Gäste ihrerseits immer wieder zu (Groß-)Chancen, die sie jedoch nicht nutzen konnten.

Zwischen den Hundertprozentigen und den zweifachen Alutreffern der Gäste fiel dann unser Tor, als Demirbays einfach mal von der Strafraumkante abzog, just einen Zentimeter über Verstergaards Schädel und einen halben unter der Latte. Das war weder plötzlich, glücklich noch unverdient. Es war einfach die Folge eines beherzten und strukturierten Angriffs unserer Mannschaft. Wir hätten uns aber auch nicht beschweren können, wenn es da schon andersrum gekommen wäre.

Nach rund einer Stunde tat es das dann. Und gelang es immer weniger, den Ball sicher in den eigenen Reihen und die Positionen zu halten. Diese Löcher nutzte Gladbach dann hoch effektiv aus. Insbesondere unser Ex Grifo, der erst Hazard und kurze Zeit später Ginter perfekt bediente. Zuletzt traf auch noch unser Ex Vestergaard zum Endstand von 1:3.

Überhaupt ähnelte dieses Spiel so mancher Ü50-Fete in Heidelberg: ein echtes Exen-Treffen.

In den Reihen der Gäste agieren inzwischen ja auch Johnson, der zu einem Kurzeinsatz kam, sowie Strobl, während wir der neue Stall der vielleicht nicht gerade Hengste, so doch Ex-Fohlen Polanski, Nordtveit, Rupp und des bereits mehrfach erwähnten Schulz sind.

Umso überraschender waren die Schmähungen seitens der Gladbacher Kurve, die einerseits Dietmar Hopp als etwas titulierten, was wir hier nicht wiederholen wollen, andererseits genau von den Investitionen nicht nur finanzieller Art unseres Gesellschafters profitieren, die die fußballerische Aus- und Weiterbildung eines Grifo etc. überhaupt erst ermöglichten. Das ist wenig gütig, aber dünkt doch sehr goethig, denn der obige Vers aus „Faust I“ über die zwei Seelen geht wie folgt weiter:

Die eine hält, in derber Liebeslust,
sich an die Welt mit klammernden Organen;
Die andere hebt gewaltsam sich vom Dust
Zu den Gefilden hoher Ahnen.

Doch statt uns hier episch über dieses leidige Thema auszulassen, lassen wir es einfach sein. Mit großer Gelassenheit, wie sie so vielen gut zu Gesicht stünde, und Zuversicht, ebenso, sowie einem letzten, auch dieses Thema abschließenden Zitat von Johann Wolfgang Freiherr von Goethe aus „Maximen und Reflexionen. Aphorismen und Aufzeichnungen. Nach den Handschriften des Goethe- und Schiller-Archivs hg. von Max Hecker, Verlag der Goethe-Gesellschaft, Weimar 1907. Aus Kunst und Altertum, 3. Bandes 1. Heft, 1821“ wollen wir dieses Thema sowie unsere Nachbetrachtungen zu diesem Spiel in der Hoffnung auf Besserung allenthalben beenden:

„Gewissen Geistern muss man ihre Idiotismen lassen.“

 

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