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Akademikerfanclub 1899 Hoffenheim Rhein-Neckar Heidelberg 2007 e. V.

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1899 Hoffenheim vs. FSV Frankfurt

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(K)Ein Pokalkrimi

Wieder ein klarer Fall im DFB-Pokal

Nach der Befragung der ersten Augenzeugen hätte man sogar davon ausgehen können, dass die Täter aus dem  Wasser kamen, vermutlich einem kleinen Fluss. „Am Oofang simma gschwumme.“ Aber so war es nicht. Sie tauchten nämlich aus dem Nichts auf. Sie versuchten erst gar nicht, sich zu verstecken. Ganz ohne Hinterhalt und doch ohne Chance für das Opfer. Zwar gab es Spuren am Tatort, die auf Gegenwehr schließen ließen, aber besonders deutlich waren sie nicht.

Gisdols Gang hatte es wohl im Glauben gelassen, dass es nur ein Spiel sei, dass man durchaus bereit sei, den Spaß mitzumachen, aber sehr schnell machten sie ernst. Bei der ersten Vernehmung nach der Tat gestand Gisdol auch, dass seine Gang das Ganze „sehr seriös“ angegangen sei. Der Stolz in seiner Stimme war unüberhörbar.

Die Tatsachen deckten sich mit den Augenzeugenberichten. Da waren zweifelsfrei Profis am Werk. Fünf Treffer. Platt gemacht. Und selbst, als der Gegner schon geschlagen war, so stellte es sich von außen dar, hatte man ihn bis zum Schluss(pfiff) malträtiert und ganz am Ende gar seziert.

Doch man musste vorsichtig sein mit solchen Äußerungen. Zahlenmäßig gelten die Sympathisanten von Gisdols Gang zwar zu den kleineren Gruppierungen im Milieu, aber auch zu den Eingeschworensten. „Die Äänzische, die gfolldert worre sinn, woore mia – in de erschde zwonnzisch Minudde!“

Irgendwie, man kommt nicht umhin, ähneln sie in vielem der GDL oder der Pilotenvereinigung Cockpit: klein, durchsetzungs- und willensstark, immun gegen das in den Medien aufgebaute Feindbild der Masse (obwohl diese deren Treiben generell mit großem Laissez-faire begegnet), Bestrebungen provozierend, dass man sie irgendwie verbieten müsse, und diesen Bestrebungen völlig abhold konsequent eigene Interessen verfolgend, und/aber letztlich erfolgreich – auch und gerade in solchen Duellen, wo von Anfang an klar war, dass es einer nicht überleben wird, während der andere erhobenen Hauptes weiterziehen kann.

Einer der Kombattanten konnte es nicht: Grahl, der bei diesem Coup Schmiere stand, wurde vom eigenen Mann so unabsichtlich wie heftig mit dem Knie am Kopf getroffen, dass er mit stabilisierender Genickmanschette vom Feld getragen und ins Krankenhaus gefahren werden musste.

Zu dem Zeitpunkt zappelte der Gegner noch. Und er war gewillt, sich zur Wehr zu setzen. So versuchte er, den Zusammenstoß und die daraus resultierende Konfusion zu nutzen und selbst einen Treffer zu setzen, doch unser Bicakcic, unser bosnischer Ein-Mann-Block, vermied den Einschlag – und dann setzte es was.

Auch wenn jedem klar war, worum es ging, es geht immer auch um die Ehre. Und dafür gibt es Codeces – offizielle und inoffizielle. Und zu Letzterem zählt, dass man aufhört, wenn einer verletzt am Boden liegt.

Kurzfristig wurde die Art der Auseinandersetzung eine andere, aber spätestens nachdem Grifo, eigentlich auch einer aus Gisdols Gang, den man aber schon seit längerem ausgeliehen hatte, damit er mehr Wettkampferfahrung bekommt, anschließend demonstrativ verschoss, besann man sich wieder aufs Eigentliche.

Aber es war klar, dass der Gegner in der Situation auf den inoffiziellen Kodex pfiff. Zwar war er zu dem Zeitpunkt schon einmal getroffen, aber der Treffer war nicht tödlich, auch wenn der Mann mit den Handschuhen bei Schipplocks Geschoss die Geste des Antikriegsposters „Why?“ nachstellte.

Es war überhaupt kein Problem die einzelnen Schützen auszumachen. Es gab zahlreiches Bildmaterial von den Überwachungskameras. Letztlich erinnerte es an Agatha Christies Mord im Orient-Express, wo nicht einer der Täter war, sondern alle. Was interessierte, war das Wie. Wie gesagt, die Rekonstruktion war die größte Herausforderung.

Vielleicht wäre es auch ganz anders verlaufen, wenn es kurz nach dem ersten Treffer zum Duell Eins-gegen-Eins gekommen wäre, was es hätte tun müssen, nachdem Strobl in der Zone entgegen dem offiziellen Kodex zu Fall gebracht wurde, aber das tat es nicht und so dauerte es fast noch mal so lange, bis Gisdols Gang wieder zuschlug.

Dabei schnitt die Kugel erst glatt durch das Zentrum, bevor Vestergaard, der Skandinavier, seine Dolph Lundgren-Erscheinung mit der Kälte seines Landsmanns Mads Mikkelsen vereinte und seinen Treffer, nachdem der Gegner das erste Mal halbhoch rechts getroffen wurde, links unten platzierte.

Man konnte nicht umhin, darin ein Muster zu erkennen. Aber was war das Motiv? Lag es an dem Faible der Skandinavier an Gewalt und Kriminalität, zumindest in der Literatur? (Beispielhaft seien hier nur mal der Norweger Nesbø, die Schweden Hjort & Rosenfeldt, Stieg Larsson sowie der Däne Adler-Olsen genannt.)

Das klingt vielleicht weit hergeholt, aber Literatur ist ja nichts anderes als ein Anagramm zweier Wörter, die so ungleich scheinen und sich doch ergänzen: „Urteil“ und „Rat“. Und beides sucht man darin.

Doch wie das bei Auseinandersetzungen dieser Art üblich ist, stand die Wahrheit nicht auf einem Blatt, sie lag auf dem Platz und auf jenem wurde mit dem Gegner nicht mehr „Fußball“ gespielt, sondern „Katz und Maus“.

Da wurden Bälle in die Hacken des Mitspielers gespielt und trotzdem kamen die Gäste nicht mehr dran, dafür sehr ins Schwimmen und fast unter die Räder, was ein wunderbares Beispiel für die falsche Benutzung von Sprachbildern ist, aber bei weitem nicht so wunderbar wie Treffer Nr. 3, wieder rechts, aber diesmal unten.

Nicht das erste Mal, dass Firmino versuchte, einen Treffer mit einem rückwärts zum Ziel gewandten Überkopfschuss (= Fallrückzieher) zu erzielen, aber diesmal klappte es, was ihn endgültig ins Rampenlicht rückte.

Zu Anfang versteckte er sich noch ein wenig im Getümmel. Auch wenn er die Initialzündung der ersten beiden Treffer gab und die Schützen in die richtige Position brachte, die dann nur noch abdrücken mussten, hielt sich das die Waage mit eher unnötigen Aktionen.

Doch nun war es anders. Nun outete er sich. Bekannte sich zu seiner Lust am Spiel, das er gemeinsam mit den seinen mit den anderen trieb. Man durfte sich von seinem bübischen Äußeren nicht täuschen lassen. Er war es, der seine Truppe an- und den Gegner fast schon vorführte. Und wenn er es mal nicht tat, dann tat es ein anderer. Langsam, genüsslich, gnadenlos.

60 Meter in 13 Sekunden. Nicht gerade eine Zeit, die für Aufsehen sorgt. Normalerweise. Aber wenn einer so gemütlich von außen ins Getümmel trabt und mit dem ersten Kontakt gleich trifft (wieder rechts unten), dann ist das alles andere als modest. (veraltet f. „sittsam“, „bescheiden“)

Es gehört wohl zur Dramaturgie des Geschehens, dass es der 12. Mann aus den eigenen Reihen war, jener der auf Seiten des Gegners war, den Gegentreffer einleitete. Dessen Freistoß traf erst den Kopf des diesmaligen Mitspielers, dann den unseres Mannes mit Handschuhen, aber das war nicht mal mehr ein Aufbäumen. Es hauchte dem Gegner kein neues Leben ein, er war erledigt – und danach wurde er es – von Firmino, dem Mann, der spätestens damit deutlich machte, warum er in seiner Heimat zu den Auserwählten zählt. (dt.: „Auswahl“, port.: „seleçao“)

Dabei muss man zugeben, dass sein finaler Treffer, nachdem dann auch sofort Schluss war, bei aller Schönheit nicht möglich gewesen wäre, hätte ihn Rudy, der zuvor den Gegentreffer eigentlich erst durch Nichteingreifen ermöglichte, nicht so schön in Szene gesetzt. Aber so ist das in einer Gang, ganz gleich ob das „Drei Musketiere“ sind, „11 Freunde“ oder eben „Ein Team.“:

Einer für alle. Alle für einen.

Zumal dieses 5:1 deutlich machte, wie groß dieses Team ist. Wie finten- und variantenreich es auftreten kann. Und wie sehr auf dieses Team der Werbespruch einer der renommiertesten deutschen Tageszeitungen zutrifft: „Dahinter steckt immer ein kluger Kopf.“

Was Markus Gisdol (wiederum mit seinem Team) in den wenigen Monaten hier geschaffen hat, ist bemerkens-, mehr noch: bewundernswert – und …

Schuld am Erfolg. 🙂

Durch Besinnung auf die Urkraft von innen sowie den Sieg gegen das Unbill von außen hat vor allem er samt seiner Männer eine Gemeinschuld … äh: Gemeinschaft entwickelt, die nicht von Scheck zu Scheck oder Schlagzeile zu Schlagzeile denkt, sondern von Spiel zu Spiel – und immer mit dem Ziel, nicht besiegt zu werden.

Auch im elften Pflichtspiel der Saison hat dies geklappt.

Möge er, sein und das Team am Sonntag das Dutzend voll machen!

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