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Akademikerfanclub 1899 Hoffenheim Rhein-Neckar Heidelberg 2007 e. V.

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1899 Hoffenheim vs. Borussia Dortmund

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Spielchen

Mit der Lizenz zum Verzweifeln

Es sind die Bösewichter, die in Erinnerung bleiben. Manchmal aufgrund ihrer Darsteller wie Blofeld, Goldfinger oder „Der Beißer“, auch wenn der sich vom Saulus in „Der Spion, der mich liebte“ in Moonraker zum Paulus wandelt, manchmal aufgrund ihrer Zitate wie Max Zorin, der in „Im Angesicht des Todes“ erklärt: „Intuitive Improvisation – das Geheimnis des Genies.“ oder Elliot Carver, der in „Der Morgen stirbt nie“ kundtat: „Der Unterschied zwischen Wahnsinn und Genie definiert sich lediglich aus dem Erfolg.“

Nun gilt gerade das letztgenannte James Bond-Abenteuer gemeinhin als einer der schlechteren Filme. Völlig zu Unrecht, weil er eine ganz wunderbare Parabel war auf die damalige Zeit, in der es um die Macht von sowie die Macht der Medien ging. Vielleicht war es den Kritikern auch einfach nur – für James Bond-Verhältnisse – zu realistisch, was spätestens durch den Bezug zu Robert Maxwell offenbar wurde.

Elliott Carver hielt aber noch einen bemerkenswerten Monolog, als er erklärte, dass er schon als kleiner Praktikant gelernt habe, dass das Entscheidende einer Story nicht das Warum sei oder das Wie oder das Wer, sondern das Wann.

Das Vorspiel:

Der beste Beweis hierfür, war die Meldung am Ende letzter Woche, dass Herr Hopp Strafanzeige gegen über 30 Dortmund Fans gestellt habe – nach dem letzten Spieltag der letzten Saison. Also vor über vier Monaten.

Nun fand man das auf der Seite der juristisch Betroffenen alles andere als korrekt – und auf der Internetseite des Fanzine schwatzgelb.de, dessen Anliegen es sei, aus tiefstem schwatzgelben Herzen zu berichten, ohne dabei jedoch unseren Blick durch eine Vereinsbrille trüben zu lassen mit dem Ziel, das Geschehen rund um Borussia Dortmund aus Fansicht zu präsentieren und der großen Anhängerschar von Borussia Dortmund (…) ein Sprachrohr für ihre Interessen bieten, eine interessante Variante von Argumentation:

Grundsätzlich könnte das einem ja egal sein, und man würde sich fast etwas mitleidig fragen, welch bemerkenswerte Wichtigtuerei in deutschen Chefetagen gepflegt wird, dass man selbst nach zehn Jahren mit seinem Dorfverein in der Bundesliga immer noch jeden derben Spruch von der Tribüne auf sich persönlich bezieht und ihn nicht als Teil der Folklore abtut.

Die Hyperbel ist ein bekannter rhetorischer Trick. Nur sollte sie mit Finesse vorgetragen sein. Ihm vorzuwerfen, „jeden derben Spruch“ auf sich zu beziehen, ist auf mehreren Ebenen falsch. Es geht ja nicht um „jeden“ Spruch und auch nicht jeden „derben“. Er fokussiert sich auf die Sprüche, die ihn adressieren. Damit bezieht er den Spruch nicht auf sich, sondern der Spruch bezieht sich auf ihn. Bekanntes Beispiel hierfür ist: „Dietmar Hopp, du Sohn einer Hure!“

Auch sein Konterfei mit Fadenkreuz ist alles andere als eine allgemeingültige Aussage – und schon dankenswerterweise schon gar keine „Folklore“. Wenig überraschend geht es ähnlich, also wenig logisch weiter:

Aber weil Dietmar Hopp halt Dietmar Hopp ist und das nötige Geld und die nötigen Kontakte besitzt, bleibt es nicht einfach nur dabei, dass ein älterer Herr wütender und grantelnder durchs Leben läuft, als er es eigentlich tun müsste. Nein, stattdessen suchen seine TSG und die lokalen Behörden Jahr für Jahr nach neuen Methoden, um die gegnerischen Fans mundtot zu machen.

Dabei ist hierin nicht alles falsch. Es stimmt, Dietmar Hopp ist Dietmar Hopp. Das war’s allerdings mit dem Richtigen. Denn sein Sichselbstein begründet ebenso wenig wie sein Geld noch seine Kontakte seinen Lebenslauf (im oben gemeinten Sinne). Im Gegenteil: Weil er der ist, der er ist, nutzt er sein Geld und seine Kontakte dafür, dass es jenen, denen es gesundheitlich weniger gut geht, möglichst schnell wieder besser geht. Allerdings, das ist richtig, investiert er primär hier in der Region in den Bereichen körperlicher Dysfunktionen, wie z. B. Krebs, und spendet sehr großzügig insbesondere für Kinder und Ältere.

So gesehen müsste er sich vielleicht fragen lassen, ob der ein oder andere Betrag nicht sinnvollerweise in die Hirnforschung bei Heranwachsenden in Westfalen hätte investiert werden sollen, aber hat er nun nicht gemacht – und sollte sich jetzt wer darüber aufregen, muss er sich fragen lassen, warum er das auf sich bezieht.

Aber es ist doch zugegebenermaßen hirnrissig, ihm, den Verein und den Behörden (wir vermuten nicht, dass damit das Gartenbauamt Sinsheim gemeint ist) gemeinsam, ggfs. konspirativ nach „Methoden“ aus oben genanntem Grund zu suchen.

Nach der Übertreibung nutzt man hier nun das Element der Verallgemeinerung – allerdings mit der Eleganz eines Zaunpfahls in der Größe des Florianturms, der ja ebenfalls weithin sichtbar ist. Allerdings als Wahrzeichen, wohingegen die Zeichen „gegnerische Fans“ nicht wahr sind, denn es geht ganz konkret um jene, die sich nicht nur seiner Ansicht nach §§ 111, 185, 186, 187, 189 StGB strafbar machen. Dazu gehören eben jene, die Dinge äußern, die sie eben nur äußern, weil man sie bisher nicht belangt hat – oder eben der irrigen Annahme sind (womöglich), dass im Gegensatz zu Unwissenheit „Folklore“ vor Strafe schütze.

Ein weit verbreiteter Irrglaube übrigens, wie das Verhalten gerade alkoholisierter Männer gerade gegenüber Frauen auf Volksfesten immer wieder zeigt. Im Privaten mag so ein Wein-, Bier-, Schützenfest einen Sonderstatus besitzen, der vor weitreichenden Konsequenzen schützt („XXX is nur ämool newwenausgange, awwe dess war uff da Kärb.“), aber im öffentlichen Raum gibt es keinen rechtsfreien Raum.

Kann man wie vieles andere doof finden, ist aber so, und man täte gut daran, es zu akzeptieren, dass es mal so, mal so ist. Das wussten sogar die Autor*innen des Beitrags, den sie wie folgt beginnen:

Es ist eigentlich eine Binsenweisheit: Wie man miteinander spricht, hängt von der jeweiligen Situation ab. Beim Sex spricht man anders als in der Firma, beim Bier in der Kneipe spricht man anders als beim Kuchen auf Großmutters Couch, im Fußballstadion fallen andere Worte als beim Deutschen Turnfest. Je nach Umfeld stellen wir andere Aspekte unserer Persönlichkeit in den Vordergrund, manchmal sind wir kontrolliert und professionell, manchmal sind wir emotional und ausgelassen. Entsprechend bescheuert ist es, Zitate aus dem Zusammenhang zu reißen: Wenn ich meinem besten Freund sage, dass er manchmal ein ziemlicher Idiot ist, dann hat das offensichtlich eine andere Qualität, als wenn ich meinem Chef sage, dass er manchmal ein ziemlicher Idiot ist. Entscheidend ist nicht, was man sagt, sondern in welchem Kontext man es sagt.

Zwischenapplaus.

Was so offensichtlich klingt, dass man darüber eigentlich gar nicht sprechen müsste, erhält eine andere Qualität, wenn es mal wieder Dietmar Hopp ist, der sich von Fangesängen im Stadion beleidigt fühlt.

Nun, wie zuvor dargelegt, wird er das – und er soll sich so fühlen. Aber was für eine herrliche Volte. Plötzlich wird Herr Hopp zum besten Freund der Autor*innen, denn dem kann man ja sagen, dass er manchmal ein ziemlicher Idiot sei.

Wir sind geradezu gerührt von so viel Zärtlichkeit in der Sprache zwischen Freunden. Das geht hier in der Region schon derber zu. „Ah, du bisch doch e bleeds Arschloch!“ kann hier durchaus heißen „Respekt, das hast du sehr clever angestellt.“ Doch man sollte sich des Freundschaftsverhältnisses sehr bewusst sein, da bei falscher Decodierung des Satzes sehr schnell ein Satz falscher Zähne droht.

Aber es geht hier weder um zeitweises (manchmal) und relatives (ziemlich) Verhalten, sondern um absolute Aussagen gegenüber jemandem, den man nicht persönlich kennt, womit ein Freundschaftsverhältnis nicht gegeben ist. Es ist also nicht nur eigentlich eine Binsenweisheit, dass man gegenüber einem Unbekannten freundlicher und respektvoller auftritt.

Nun hat Herr Hopp aber auch viele Nachteile: Soweit bekannt ist, ist er männlich, kaukasischen Typs, heterosexuell, migrationshintergrundfrei und gehört keiner, zumindest keiner besonderen Konfession an. Man darf sich weidlich fragen, ob es solche Sprüche auch gäbe, wenn auch nur eines der oben genannten Attribute nicht auf ihn zuträfe. (OK, wäre er nicht männlich, wäre wohl auch nicht von „Herrn“ Hopp die Rede, aber das sollte auch allen Nichtgeförderten klar sein.) – und wenn es sie dennoch gäbe, wie wohl die Reaktion darauf ausfiele.

Zur Verdeutlichung: In dem besagten Artikel wird auch noch Kevin Großkreutz zitiert …

Mit Blick auf die Konsequenzen der Schmähgesänge schrieb Kevin Großkreutz in einem Kommentar bei Instagram: „Ich wurde in GE, MG oder BO nur beleidigt. Bekommen jetzt alle ne Strafe? Nein, auch mit Recht nicht. Es gehört zum Fußball dazu. Es ist sogar geil.“ Recht hat er.

Hat er das? Vollumfänglich? Oder ist sein Statement nicht einfach nur dahergeplappert – als weißer, heterosexueller, migrationshintegrundfreier und konventionell konfessioneller Mann?

Als einst bei Ballkontakten von schwarzen Spielern Affenlaute im Stadion zu hören waren, empörten sich viele – zu Recht –, aber niemand darüber, dass diese Spieler jeden derben Spruch von der Tribüne auf sich persönlich beziehen und ihn nicht als Teil der Folklore abtun.

Wie hätte man seitens der Dortmunder Vereinsführung reagiert, wenn es in der Kurve Plakate gegeben hätte mit „Gerald ist ein Negersohn“?

Warum nicht? Immerhin spielte bei dem aus Sicht ihrer Fans (sowie der Kevin Großkreutz‘) wohl falschesten Verein überhaupt, und den kann man doch immer schmähen, oder? Folklore. Und dass in seinen Reihen ein Spieler desselben Vornamens spielte, macht es doch nur passender. Nicht? Und da der Nachname nicht genannt wurde, wäre es doch völlig überzogen, wenn Herr Asamoah das auf sich beziehen würde. Weil er schwarz ist? Ist er doch. Und ein Mann auch. Also Sohn. Worüber soll man sich aufregen? Ach, weil „Neger“ eine Beleidigung ist? Aha! Und „Hure“ ist noch mal was genau? Sagen sich beste Freundinnen in Westfalen schon mal „Manchmal bist du eine ziemliche Hure.“?

Angenommen, Fans anderer Vereine würden im Signal Iduna Park einen Banner zeigen, auf dem Watzke mit Fadenkreuz zu sehen wäre mit einem Spruch wie „Wäre doch schade um den schönen Bus!“. Oder es würde ein Bus mit einem Explosionszeichen entrollt samt Wortspielchen à la „Wir freuen uns auf Bombenstimmung bei Borussia“.

Lustig?

Geschmacklos!

Das muss doch jedem einleuchten, dass das nicht geht.

Nein, es ist nichts anderes.

Nein, Kevin, nein. Nur weil manche kein Attribut anheften haben, das sie dank (!) der politischen Korrektheit vor solchen Anfeindungen, Schmähungen, Beleidigungen schützt, heißt es nicht, dass man das darf. Oder dass es alle anderen zu ertragen haben.

Und ganz sicher würden derartige Bekundungen keine so breite Zustimmung in den „Fan“-Medien finden – und die Vereine würden sehr rasch Gegenmaßnahmen ergreifen, auch gegen die eigenen „Fans“, denn so etwas würde dann eine sehr große Medienpräsenz erhalten und spätestens jetzt würde die Gefahr von gravierenden Konsequenzen drohen, die weit über Geisterspiele hinausgingen.

Geisterspiele stören doch die wenigsten Vereine, schließlich machen die Einnahmen aus dem Ticketing eh nicht so viel aus. Das wäre zu verkraften.

Wenn aber die Evoniks und Signal Idunas dieser Welt plötzlich aufgrund der zu erwartenden Berichterstattung keine Lust hätten, im Kontext von oder gar als Unterstützer von Homophobikern, Sexisten und Rassisten angesehen zu werden, dann dürfte es mehr Stringenz im Handeln geben und es nicht bei Worten bleiben, wenngleich auch die nicht immer wirklich stringent sind. Wenn der Dortmunder Sportdirektor Zorc sagt:

„Für das, was wir da gesehen haben, gibt es keine Entschuldigung. Da müssen wir uns als Klub entschuldigen.“ entbehrt das ebenso wenig einer gewissen Komik wie Watzkes Worthülsenauswurf („Ich möchte im Namen von Borussia Dortmund Dietmar Hopp um Entschuldigung bitten. Das ist nicht zu akzeptieren! Ich werde mich in der kommenden Woche auch noch persönlich an Dietmar Hopp wenden und diese Entschuldigung vorbringen. Wir haben in dieser Woche, in der sich das Ganze leider immer mehr hochschaukelte, versucht zu deeskalieren und haben mit allen Parteien gesprochen. Leider waren wir dabei nicht erfolgreich. So ein Verhalten entspricht in keinster Weise den Werten von Borussia Dortmund!“) ebenso einer gewissen Scheinheiligkeit wie Favres zur Schau gestellte Unkenntnis der Situation, weshalb er am Ende der Pressekonferenz nach dem Spiel das Verhalten der Fans nicht verurteilte.

Vor dem Anstoß, als all die anstößigen Banner, wobei man sich vor allem bei dem Fadenkreuzplakat fragen muss, warum es überhaupt noch existiert und wie es überhaupt in den Block und wieso es (wohl) wieder raus kam, gingen nämlich die Dortmunder Spieler in die Kurve zu ihren Fans, wo sie die Banner sehen mussten.

Nun kann man sich fragen, ob die Spieler das dadurch legitimierten, oder ob es im Angesicht des anstehenden Beginns des Spiels zu viel der Reflektion wäre, schließlich sind sie bereits in einer Art Automatismus, ob es überhaupt ihre Aufgabe ist, sich darum zu kümmern.

Allerdings hätte ihr Arbeitgeber ihnen auch klarmachen können, dass sie bitte auf den Gang in die Kurve vor dem Spiel verzichten sollen, wenn da jene Banner entrollt würden, wie es ja zuvor angekündigt war. Nun können wir nur mutmaßen, aber wären solche wie oben als Beispiele für ebenfalls inakzeptable Beleidigungen angeführte Plakate in der Gästekurve zu erwarten gewesen, wären die Spieler in Gelb-Schwarz nicht in die Kurve, sondern gleich zum Anstoß gegangen.

Das Spiel

Keine 48 Stunden, nachdem das rund 4000-Kilometer-Abenteuer der TSG in der Ukraine mit der Landung im Airpark Baden geendet hatte, ging es bereits weiter gegen einen anderen Champions League-Teilnehmer, der allerdings einen Tag früher und wesentlich näher spielte, so dass man wirklich mit Spannung erwarten konnte, wie welche Mannschaft die erste der englischen Wochen überstanden hat.

Es war die TSG. Schon nach einer Minute brach der in diesem Spiel völlig überzeugende Joelinton durch und kam kurz vor dem Schuss im Sechzehner zu Fall. Der Pfiff blieb aus – und wir nicht am Drücker. Doch trotz der optischen Überlegenheit der Gäste in den ersten 15 Minuten hatten sie keinerlei Chancen.

Wie schon in Charkiw beim Spiel gegen Schachtjor Donezk verteidigte und -schob unsere Defensive nahezu perfekt, ließ den Gegner kommen, machte es dann aber gut 20 Meter vor dem Tor sehr eng und damit schwierig für ihn, überhaupt zu Chancen zu kommen. Dafür kamen wir immer wieder in Ballbesitz, konnten den aber anfangs nicht recht verwerten.

Erst nach einer Viertelstunde wurde es besser, viel besser. Es wurde großartig. Wieder war es Grillitsch der das rechte Maß und fast den perfekten Fuß für die Tempowechsel hatte – sowie das Auge für so manchen aussichtsreich startenden Mann.

Daneben wühlte sich Bittencourt um und durch die Beine der Borussen, was uns immer früher Balleroberungen brachte, die wir dann auch zu Chancen, Großchancen und 100%igen ausbauen, aber wieder mal nicht reinmachen konnten.

Doch unser Team griff weiter ohne Unterlass an, aber halt auch ohne Glück. Irgendwie bezeichnend, dass der Führungstreffer durch Joelinton, durch (s)einen Ausrutscher entstand, der im Gegensatz zu den verbalen der Gäste bei den Fans der TSG große Begeisterung hervorrief.

Was für eine hochverdiente Führung. Was für eine über lange Phasen der ersten Halbzeit hochklassige Vorstellung unserer Mannschaft. Wie gesagt: Ihre Landung aus dem Osten des Kontinents lag gerade mal zwei Tage zurück – und wir jetzt zur Halbzeit gegen den BVB in Front.

Das sah alles gut aus, bestens und als dann sogar Bicakcic einen Eckball hinter Bürki platzieren konnte und der dritte Anstoß der Dortmunder anstand, war eigentlich klar, dass wir dieses Spiel souverän gewinnen würden. Dummerweise zählte der Treffer wegen Abseits nicht, was zwar korrekt, aber natürlich auch scheiße VAR.

Niemand hatte protestiert, alle hatten es akzeptiert und früher wäre das Spiel mit 2:0 weitergegangen, aber heute halt nicht mehr. Und auch wenn es schmerzt, es war korrekt.

Es ist dasselbe wie mit den Schmähungen. Ja, früher ließ man das durchgehen, regte sich ein bisschen im Nachhinein darüber auf, aber das war’s dann auch. Jetzt aber gibt es Methoden, die Regelverstöße erkennen und zur Anzeige bringen, auf dass ein (Schieds-)Richter entscheidet.

Da dieses Nichttor für alle so überraschend kam, wendete sich auch das Momentum. Bei uns lähmendes Entsetzen, weil ja wirklich niemand verstand, was denn bei dem Kopfball Abseits gewesen sein soll. Dass dies bei der Rückgabe des Eckballs auf Kramaric passierte, hatte niemand auf dem Schirm. Bei den Gästen deutlich spürbare Erleichterung, was sie etwas mutiger werden ließ, denn sie lagen immer noch mit nur einem Tor zurück.

Doch wir blieben gefährlich, wurden aber nicht belohnt, sondern eher bestraft – für Fairness, denn einen Sololauf von Nico Schulz, währenddem an ihm gezogen und gezerrt wurde, er aber immer weiterlief und erst kurz vor dem Strafraum zu Fall kam, wurde nicht einmal mit einem Foul geahndet. Wohl weil er nicht fiel, obwohl man da durchaus auch einen Platzverweis hätte in Betracht ziehen können, aber Schulz schauspielerte nicht.

Als Minuten später Kramaric in einem weniger harten Zweikampf vom letzten Mann der Dortmunder ebenfalls umgerissen wurde und mehr Theatralik auf den Platz brachte, zog der Schiedsrichter die rote Karte.

Diese Entscheidung war der nächste Motivationsschub für die Gäste, die kurz darauf mit ihrer ersten Chance überhaupt zum Ausgleich kamen. Doch im Gegensatz zum Champions League-Spiel waren wir nicht so platt, dass wir noch um den einen Punkt bangen mussten. Vielmehr hatten wir in der Nachspielzeit noch durch den eingewechselten Belfodil die Riesenchance zum Siegtreffer, doch er knallte den Ball aus drei Metern Entfernung gefühlt 100 Meter über die Latte, so dass es letzlich bei den zwei Toren und zwei weiteren verlorenen Punkten blieb.

Nun wären wahrscheinlich vor dem Spiel die meisten mit einem Unentschieden nicht unzufrieden gewesen, aber nach so einer tollen Leistung war es niemand, sondern alle sichtlich angefressen.

Mit nur vier Punkten geht der Quälstart weiter und die Belastung nimmt ja nicht ab, denn schon Dienstag geht es in Hannover weiter. Und das wird alles andere als ein Schaulaufen.

Nicht für die Spieler, nicht für die TSG im Allgemeinen und Herrn Hopp im Besonderen, denn auch die niedersächsische Landeshauptstadt hat einige Fans, die viel Dreck und deshalb nach Gänsefüßchen schreien. Das Thema sowie die Jagd nach dem ersten Auswärtssieg der Saison geht also weiter.

Das Nachspiel:

Es bleibt nur zu hoffen, dass die allgemeine Empörung in den allgemeinen Medien nicht nur anhält, sondern auch zu Konsequenzen führt – sowohl verbands- als auch fanmedienseitig. 11 Freude liefert hierfür die beste Vorlage, um seinen eigenen Worten Taten folgen zu lassen. Das Magazin hat ja bekanntermaßen ein sehr gespanntes Verhältnis zu unserer TSG sowie Herrn Hopp, den sie ja gerne als Paradebeispiel für alles hernehmen, was ihrer Ansicht nach im „modernen Fußball“ schief läuft. Nun aber schreiben sie im aktuellen Heft:

Fußball ist bunt!

„(…) In diesen Zeiten, in denen Migranten durch die Straßen gejagt werden, der Holocaust relativiert wird, der Hass auf Flüchtlinge geschürt; Hooligan-Gruppen zur Hatz aufrufen und unsagbare Dinge plötzlich wieder als sagbar gelten, ist es auch für jeden Fußballfan wichtig, klar zu sagen, wofür man steht. 11FREUNDE streitet dafür, dass der Fußball die Menschen verbindet und nicht auseinandertreibt. Dass der Fußball Spaß und Freude bereitet und keinen Platz für Hass und Gewalt lässt. (…)“

Das ist ein guter Anfang. Und so wie sie konstatieren, dass eben der Fußball bunt sei, können auch sie dazu beitragen, dass es Fußballfans nicht „zu bunt“ treiben. Im ganz eigenen Interesse, denn wenn nicht, werden sie nicht mehr jammern können, dass sich der Fußball von den Fans entfernt, sondern umgekehrt.

Oder vielleicht sollte man sich einfach mal überlegen, ob es überhaupt verdient ist, dass man diese Menschen als „Fan“ bezeichnet und andere als „Zuschauer“, seien wir ehrlich, beleidigen will.

Und ob es nicht klug wäre von den Vereinen, ihre Furcht vor diesen „F…“ abzulegen. Sogar die Bild-Zeitung meint:

„Viel zu lange haben die Verantwortlichen in der Liga und den Klubs solchen „Fans“ das Gefühl gegeben, das Stadion sei ein rechtsfreier Raum. Zum Schein wurde mal der „Du, Du“-Finger erhoben. In Wahrheit haben einige Vereine Angst vor ihren Kurven-Krawallos.“

Nun ist die Bild kein Blatt mit unbedingter Meinungstreue, aber nicht selten gut informiert. Wenn dem also so ist, dass die Vereine sich vor diesen Leuten fürchten, sollten sich vielleicht Verband und die Sponsoren zusammentun, damit sie einen Grund zu echter Furcht haben. Andererseits freut sich die Zeitung natürlich auch über solche und andere Ausschreitungen. Da gibt es Bilder, da gibt es Schlagzeilen, da gibt’s Klicks, Kommentare und Umsätze.

Oder wie es der Medientycoon Elliott Carver, der Bösewicht in „Der Morgen stirbt nie“, banal auf den Punkt brachte:

„Schlechte Nachrichten sind die besten Nachrichten.“

Wir freuen uns lieber über und auf gute … am Dienstag dann …

Comments

  1. Jürgen Buchner

    Tja – ist wie beim Rap: dort werden geistige Fehlgriffe unter dem Begriff „Kunstfreiheit“ subsumiert…

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