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Akademikerfanclub 1899 Hoffenheim Rhein-Neckar Heidelberg 2007 e. V.

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1899 Hoffenheim vs. 1. FSV Mainz 05

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Aufwachen!

Ein Fest –
erst für die Schlafforschung, dann für die Freunde des Fußballs.

Wir können alles.

Menschen gelingt es, eine Sonde, kaum größer als eine Waschmaschine, auf einem unförmigen Asteroiden, dessen Volumen kleiner ist als die eines Würfels mit 3 Kilometer Kantenlänge, in 500.000.000 Kilometer Entfernung (= 1 300 mal die Strecke von der Erde zum Mond) zu platzieren, was sich als letztlich leichter herausstellte als die korrekte Aussprache des Asteroiden selbst (67P/Tschurjumow-Gerassimenko).

Menschen gelingt es, in Echtzeit miteinander in Bild und Ton miteinander zu kommunizieren, auch wenn sie „in echt“ Tausende Kilometer voneinander entfernt sind.

Menschen gelingt es übrigens, worauf bereits der Erfinder der Steinlaus (Petrophaga lorioti) hinwies, als einzigem bekannten Lebewesen, während des Fluges eine warme Mahlzeit einzunehmen.

Doch bei allen technischen und sonstigen Errungenschaften hat noch niemand ein wirksameres Mittel gegen Schnupfen gefunden als Zeit, hat noch keiner eine genaue Erklärung darüber abgeben können, was wirklich in uns passiert, während wir mit einer „Aktivität“ beschäftigt sind, die wir dringend benötigen, deren Mangelerscheinungen uns allen bekannt sind, weshalb ihr Entzug auch eine allseits und seit alters her bekannte Form der Folter ist und für die normalerweise rund ein Drittel unseres Erdendaseins draufgeht: schlafen.

Natürlich hat die Schlafforschung (Somnologie) in den letzten Jahrzehnten schon einiges an Erkentnissen gewonnen, aber eine letztliche Erklärung für das Phänomen selbst gibt es bislang nicht.

Aber es gibt immerhin Regeln. Eine davon ist, dass die Schlafenszeit bei Säugetieren, zu denen ja auch der Mensch zählt, im Allgemeinen umgekehrt proportional zur Größe, aber zunehmend mit dem Energie-Grundumsatz ist (Faustregel: je kleiner, desto mehr (s. Kleibers Gesetz) – So braucht eine Katze etwa ein Drittel mehr, ein Schwein ungefähr genauso viel, eine Kuh nur halb und eine Giraffe sogar nur ein Viertel soviel Schlaf wie der Mensch.).

Berücksichtigt man zudem, dass die Anstoßzeit des Spiels traditionell um 15.30 Uhr war, war es dann doch überraschend, dass unsere Spieler sich zumindest in der 1. Halbzeit noch in einem Zustand befanden, der doch sehr dem sogenannten „paradoxen Schlaf“ entsprach.

Dieser Schlaf, besser bekannt als REM-Schlaf, zeichnet sich unter anderem durch Zustände aus, die denen des Wach-Seins ähneln, insbesondere eine erhöhte Gehirnaktivität sowie ein Anstieg von Herzfrequenz, Atemfrequenz und Blutdruck. Ausgenommen ist aber die Muskulatur.

So waren unsere Spieler zwar da, auf dem Platz, aber paradoxerweise, wie es noch mehr schien als die Wintersonne vom Bilderbuchhimmel in die Spielstätte, nicht so richtig da.

Es hatte schon etwas Somnabulistisches (Schlafwandlerisches), aber nichts von Sicherheit, was man da zu sehen bekam. Zahlreich und kurios waren die Ballverluste, wobei die Spielanlage an sich erfreulich flach angelegt war. Der in den letzten beiden Spielen bis zum Ermüden (Kenner und noch mehr Liebhaber des Sports sprechen hier eher von … bis zum Erbrechen) praktizierte lange Ball ward weitaus seltener gesehen. Vielmehr war man offensichtlich versucht, ein Mittelfeldspiel mit viel Ballbesitz und entsprechenden –stafetten aufzuziehen, wobei es uns gewiss zupass kam, dass der Gegner ebenfalls mehr Freude am Fußball-Spiel als an dessen Vermeidung hatte.

Doch leider scheiterten diese Versuche immer und immer wieder und nicht selten immer und immer wieder von außen betrachtet kläglich. So wusste man zum Teil gar nicht, an wen einen das Spiel am meisten erinnert: Sten Nadolny („Entdeckung der Langsamkeit“), Robert Schneider („Schlafes Bruder“) oder die „Väter der Klamotte“.

Insgesamt gesehen war es am ehesten Letzteres, denn was uns Groteskes zum Teil  im Spielaufbau „gelang“, „gelang“ den Mainzern vor unserem Tor. Sie machten aus ihren 525%-Chancen in der 1. Halbzeit (drei 100%-ige,  zwei 75%- und eine 50%-ige) genau nichts.

Nun war es nicht so, dass wir nicht auch einmal vor dem Tor der Gäste waren und Chancen hatten (Volland/Salihovic), aber diese waren eher optisch reizvoll als wirklich gefährlich.

Entsprechend nutzen die Zuschauer die akustische Steilvorlage des diesmal sehr guten Spielleiters, der im Zweifel sich für „Vorteil“ entschied, als das Spiel ständig zu unterbrechen, und so keinen Beitrag dazu leistete, dass das Spiel nicht in die Gänge kam.

Bei einigen Szenen musste er aber dann doch pfeifen, unter anderem als Kim schon nach wenigen Minuten einen Konter der Mainzer, sagen wir es positiv, mit Vehemenz, unterband, was ihm wie bereits in der letzten Partie recht früh eine gelbe Karte einbrachte und den Fan fürchten ließ, dass es Kim diesmal nicht schaffen würde, den Schlusspfiff auf dem Platz zu erleben.

Um es vorwegzunehmen, das gelang ihm, auch ohne Auswechslung – und mehr noch, auch wenn das nichts mit dem Spiel zu tun hat, aber mit der Anerkennung, die dem Südkoreaner wohl aufgrund seiner bescheidenen und doch fleißigen und in den allermeisten Fällen auch wirkungsvollen Art seitens der Fans zuteil wurde: Sie wählten ihm zum „Spieler des Monats Februar 2015“.

Zurück zur akustischen Steilvorlage: Als der Schiedsrichter pünktlichst zur Halbzeit pfiff, pfiffen die Zuschauer gleich mit.

In der Halbzeit waren die üblich Schuldigen schnell benannt: Szalai, Beck und natürlich auch Firmino, von dem man ja einfach immer Wunderdinge erwartet, die ja in der letzten Zeit eher ausbleiben, weshalb er wohl bei der Spieler-Wahl nicht unüberraschend nur auf Platz 5 landete.

Als es dann weiter ging, standen diese drei aber wieder auf dem Platz, Salihovic hingegen nicht mehr. Für ihn kam Schwegler. Aber kein Schwung. Auch sonst nichts. Erstmal. Erstmal ging es so weiter, wie in der ersten Halbzeit. Wieder schliefen wir in der Abwehr bzw. befand sich unsere Defensive im REM-Schlaf, denn keiner der vier zentralen Spieler konnte seine Muskulatur aktivieren, um den 120 Meter-Abschlag des Gästekeepers (80 weit, 40 hoch), der genau zu dem zwischen unseren Vieren stehenden Mitspieler kam, abzufangen. So konnte der Mainzer ihn und sich seiner annehmen, an unseren Abwehrspielern mühelos vorbei in Richtung Tor bewegen, das Spielgerät auf selbiges schießen und tat das auch. Und diesmal traf er, aber nur das Bein Baumanns.

Das war’s dann – mit dem Spiel der Mainzer, denn auf einmal schienen sich unsere Spieler (paradoxerweise?) wachgelaufen zu haben.

Auf einmal wurden Bälle gewonnen, auf einmal kamen sie dort an, wo sie sollten, auf einmal gab es so was wie Zug nicht nur im Stadion, denn zur Wintersonne gesellte sich dann doch noch eine stete und eher frische Brise, sondern auch im Spiel.

Die erste Chance unsererseits brachte dann noch nichts, aber dann Volland durch einen gewonnenen Zweikampf am Mittelkreis den Ball nach vorn. Hier war Szalais Zweitakter dann ein großer Segen, denn nicht er erlief den Ball, sondern der anfänglich weiter weg und dadurch im Gegensatz zum Ungarn nicht im Abseits platzierte Firmino, der dann seinen Turbo zündete, seinen Gegenspielern davonlief und dabei weder seinen Mitspieler aus den Augen noch die Kontrolle über den Ball verlor. Vielmehr schob er ihn zu ihm und er, Volland, diesen dann über die Linie.

Die Führung aus dem nach wie vor heiteren Himmel. Überraschend, aber wieder eine Bestätigung der alten Regel, wonach du die Tore, die du vorne nicht machst, hinten kriegst. Und diesmal waren es wir, die davon profitierten.

Jetzt waren wir alle, ob auf der Tribüne oder auf dem Platz hellwach. Wir rieben uns den Sand aus den Augen. Plötzlich gab es Fußball. So richtig. Und richtig schön. Wenn auch noch nicht alle/s perfekt lief/en, der Ball tat es sicher in unseren Reihen.

Zudem tat die Mannschaft das, was man in so einer Situation am besten tut: Sie legte nach. Eine schöne Kombination über rechts außen, Ball (wie wir es immer und immer fordern) runter gespielt bis auf die Grundlinie, Flanke nach innen auf den langen Pfosten, an dem zwar erst keiner stand, aber als der Ball dann genau da war, war es auch Polanski, der ihn mit Wucht zum 2:0 einköpfte.

Das war’s dann wirklich. Nur einer zweifelte daran und das war der Trainer, der etwas Außergewöhnliches machte: Er wechselte gegen Spielende mit Abraham einen Defensivmann ein. (Zuvor kam Schipplock für Szalai, der so doch noch zu seinem Szenenapplaus kam.)

Rund zehn Minuten später war Schluss, der erste Heimsieg gegen die Mainzer perfekt und die 1. Halbzeit vergessen – und ein bisschen auch der bescheidene Start in die Rückrunde.

Wir sind wieder etwas weg von unten und etwas näher an den Spitzenplatzierungen. Jetzt zu überlegen, wo wir in der Tabelle stünden, wenn wir die ersten drei Partien der Rückrunde gewonnen hätten, ist mühselig. Aber sich zu überlegen, wo wir in der Tabelle stehen, wenn wir die nächste Bundesliga-Partie gewinnen, schön.

Und auch die Aussicht auf das, was nach einem Erfolg im nächsten Spiel auf uns wartet, macht den  insgesamt verpennten Start ins Wettbewerbsjahr 2015 (fast) wieder wett: DFB-Viertelfinale. Da standen wir ja schon ewig nicht mehr.

Wir müssen zwar wachsam bleiben, aber es ist Zeit, (weiter) Geschichte zu schreiben.

Wir können das.

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