Image Image Image Image Image Image Image Image Image Image

Akademikerfanclub 1899 Hoffenheim Rhein-Neckar Heidelberg 2007 e. V.

Scroll to top

Top

No Comments

1. FC Nürnberg vs. 1899 Hoffenheim

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

conditio con qua non

oder: Vor dem Können kommt das Wollen

Der Fußball-Fan als solcher stellt eine Untergruppe des homo sapiens sapiens dar:

Sein Auftreten ist dabei keine Konstante an sich, sondern an Bedingungen wie Zeit und Raum geknüpft, wobei Zeit sich durch An- und Abpfiff des Spiels selbst sowie einen Tempuspuffer von je nach medialer Aufmerksamkeit und persönlicher Disposition von bis zu drei Tagen, im Falle von Großereignissen im Vorfeld auch Wochen definiert, und Raum sich auf die Lokalität der Perzeption bezieht. Das kann nebst dem Stadion ein Wohnraum oder eine Kneipe sein, für die die das Spiel im Fernsehen sehen, oder das Auto, der Garten für die, die das Spiel im Radio hören. Außerhalb dieser Faktoren ist der Fußball-Fan in der Regel das, was man einen normalen Menschen nennt.

Der Fußball-Fan ist also ein Mensch, mit einer besonderen, seine kognitiven sowie rationalen Fähigkeiten begrenzenden Affinität. Dies erklärt Phänomene, für die die Genderforschung noch keine Erklärung hat. So stehen Männer in dem Ruf, sich keine Zahlen und Daten merken zu können, was in seiner Gänze als solches als Aussage nicht haltbar ist. Zwar mag es bisweilen Defizite in der spontanen Abrufbarkeit von beispielsweise Geburtstagen von Familienangehörigen und besten Freunden der Lebensgefährtin geben, jedoch können Fußballergebnisse, Tabellenplätze, Spiel- und Spielerdaten jederzeit fehlerfrei abgerufen werden.

Diese Affinität hat auch positive Auswirkungen auf die Physiologie des Mannes, da er zur Herstellung von Dopamin und ähnlichen, sogenannten „Glückshormonen“ im Gegensatz zu nicht-fußballaffinen, insbesondere feminine Humanoiden nicht auf Schokolade oder ähnliche kalorienreiche Lebensmittel zurückgreifen muss. Ein Blick auf Zeit und Raum genügt. Manchmal braucht es noch weniger.

Mittwoch. 20 Uhr 45.
Für den Fußball-Fan reicht das.

Diese beiden Informationen lassen sich in zwei Worte übersetzen, die ihn beim bloßen Gedanken daran in einen Zustand irrationaler Euphorie versetzen: Champions League.

Und da, einer Elektronikmesse sei Dank, spielte Hoffenheim gestern. Nein, nicht Champions League, aber immerhin Mittwoch, Viertel vor neun. Um neun vor neun war die Euphorie allerdings gewichen.

Hoffenheim lag schon wieder und schon wieder nach einer Standardsituation mit einem Tor zurück. Ein aus dem rechten Halbfeld nach innen geschlagener Freistoß flog über alle Köpfe hinweg ins linke Eck. Und täglich grüßt der Elch …

Klar könnte man sich nun gut fühlen und das Offensichtliche kritisieren. Aber damit schmeichelt man sich nur selbst. An der Sache ändert sich nichts, und ob es sich zukünftig positiv auswirkt, darf ebenfalls bezweifelt werden. Aber stimmt natürlich schon: Hätte Compper den Ball eher geköpft als betrachtet, es wäre nichts passiert.

Und so wie der Fußball-Fan konditioniert ist, sind es auch Fußball-Spieler. Die kontinuierliche Wiederholung identischer externer Impulse führt zumindest nach Ansicht der behavoristischen Lerntheorie dazu, dass einem sogenannten unbedingten Reflex ein neuer, bedingter Reflex, besser bekannt als „Pawlow’scher Reflex“, hinzugefügt werden kann.

So scheint es zu sein, dass in dem ersten Drittel einer jeden Halbzeit der Pfiff des Schiedsrichters, mit dem der Gegner das Recht zur Ausführung eines Eckballs oder Freistoßes in unserer Defensivzone erwirbt, Konzentrations- und Koordinations-, sprich: Ganzkörperlähmungserscheinungen auslöst.

Es ist nur eine Hypothese, die sich zudem nur schwerlich belegen lässt, da die DFL aus Gründen akademischer Beweisführung (Motto: Verifikation durch Falsifikation) wohl kaum den Einsatz alternativer Signalisierungsmethoden für den Hauptschiedsrichter, wie Tröten, Hupen oder Flaggen, zulässt.

Dennoch: Es muss einen Grund geben. Und ist der Trainer wirklich dafür verantwortlich, dass ein Spieler bei einem hohen Ball in den Strafraum dem nicht entgegenspringt und –wirkt?

Darf, nein: Muss ein Trainer bei einem Fußballspieler nicht davon ausgehen, dass ein solches (Abwehr-)Verhalten zum Repertoire unbedingter Reflexe bei einem (Abwehr-)Spieler zählt? Oder gab es gar geologische Gründe für diese in diesem Falle falsche Bodenständigkeit der Defensive?

Für diese These sprächen sowohl der Ausgleich unserer Mannschaft als auch der erneute Rückstand vor der Pause:

Beim wunderschön vom unermüdlich spielenden Volland herausgespielten 1:1 verhielt es sich ja ähnlich. Seine Flanke konnte Schipplock völlig ungestört einköpfen, da alle vier Verteidiger, die ihn umgaben, nicht den Boden unter ihren Füßen verloren.

Leider gab es dann wenige Minuten vor dem Halbzeitpfiff noch einen. Freistoß. Vor unserem Tor. Recht weit weg. Aber sehr gut geschossen und noch besser von unserem Torwart gehalten, der den Ball noch an die Latte lenkte, von wo aus der Ball in den Freiraum zwischen Tor und Mauer sprang.

Delpierre ging(!) ihm, dem Ball, zwar entgegen, aber der nominelle Verteidiger der Franken, ein ehemaliger 1899er, nutze die Möglichkeit des Einsatzes seiner Beinmuskulatur, um sich zumindest temporär der Gravitationskraft zu entziehen, womit er den Ball mit dem Kopf eher erreichte. Dadurch traf der Ball in selben Moment ins Tor wie Delpierres Fuß des Schützen Kopf. Das tat weh. Sowohl dem Torschützen als auch dem Hoffenheim zugeneigten Zuschauer.

Ersterer konnte sich allerdings recht schnell wieder erholen. Das sonst übliche Aufbäumen unserer Mannschaft nach einem Gegentreffer musste aufgrund der Spielzeitregeln ausbleiben.

So ging es aus unserer Sicht mit 1:2-Toren sowie 1:2-Großchancen in die Pause: Einmal scheiterte Compper an seinen technischen Möglichkeiten, als er einen Eckball frei vorm Tor nicht (richtig) mit dem Fuß traf, dann der Gegner an Casteels, auch wenn er dabei mehr angeschossen wurde bzw. an Johnsson, der einen Ball für den ausgespielten Casteels vor der Linie anwehrte.

Die zweite Halbzeit begann robust. Doch so nach und nach und nach einigen nur wenig an das Wesen der Sportart erinnernden Minuten wurde auch wieder Fußball gespielt. Unsere Mannschaft kombinierte gefällig, aber leider auch völlig harmlos. Der entscheidende, präzise Pass in die Spitze blieb aus.

Das ist zwar nicht schön, aber richtig unschön wurde es, als Compper der entscheidende, präzise Pass zum Torwart ebenfalls völlig missriet. So kam auch diese Mannschaft aus Franken zum ersten Mal in dieser Saison in den Genuss von drei selbst erzielten Treffern in einem Spiel.

Und es kam noch einer – und das ein zugegebenermaßen wirklich schöner – hinzu, was uns nun zum Liga-Champion der Gegentore macht: durchschnittlich drei pro Spiel.

Bevor die Heimmannschaft ihren vierten Treffer und damit wir diesen Wert erzielten, erzielten wir ebenfalls noch einen. Per Handelfmeter. Als der gegeben wurde, tauchte plötzlich ein Spieler am Strafstoßpunkt auf, den man das ganze Spiel über nicht (so richtig) gesehen hatte: Salihovic.

Den Elfer hat er prima verwandelt, aber er sich offensichtlich leider auch. Von ihm ging keine Initiative, keine Führung aus. Das war mal anders. Ganz anders. Und da Rudy einfach zu langsam ist, Firmino zu ballverliebt (und außerdem schon nach rund einer Viertelstunde gelb-belastet war), gab es natürlich auch kein Aufbau-, geschweige denn Angriffsspiel.

Man muss unseren Stürmern ein großes Lob aussprechen, dass sie trotzdem hin und wieder am Ball waren, was sie ausschließlich dem zu verdanken hatten, was außer ihnen und dem Torwart bei diesem Spiel allen anderen Hoffenheimer Spieler abging: die intrinsisch motivierte Bereitschaft der Präsentation der Existenz unbedingter, spielimmanenter Reflexe, sprich: Eigeninitiative.

Der Kick war’n Kack. Und das gegen den Gegner, der vor dem Spieltag nur einen Punkt vor uns lag. Jetzt stehen wir in der Tabelle nur noch vor zwei Mannschaften. Aber gegen die haben wir schon zu Hause gespielt – und jeweils nur einen Punkt „gewonnen“. Und gegen die Mannschaft vor uns, die bereits drei Punkte Abstand auf uns hat, hatten wir gerade am Spieltag davor verloren.

Aber diese Niederlagen sind und machen auch menschlich. Ein Zug, der der TSG 1899 Hoffenheim, um es positiv zu sehen, auch nicht unbedingt schadet – und auf dem sich aufbauen lässt. Denn: Sind wir erst einmal humanoid, haben wir ja nach den Entdeckungen von Iwan Petrowitsch Pawlow auch die Chance, einen bedingten Reflex zu erlernen. d.h. eine geile Rückrunde zu spielen.

Und da bereits nach diesem Spieltag der Herbstmeister feststeht, spricht ja nichts dagegen, diese bereits am Sonntag zu beginnen.

Wohl auch die einzige Chance für unseren Trainer, die Pawlow’schen Reflexe im (medialen) Umfeld zu stoppen, und für den Verein, die Pawlow’schen Reflexe dieser besonderen Spezies Hoffe-Fan zu erhalten.

Also hoffen wir mal … auf Sonntag, 15.30 Uhr, RheiNeckArena.

Submit a Comment