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Akademikerfanclub 1899 Hoffenheim Rhein-Neckar Heidelberg 2007 e. V.

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FC Schalke 04 vs. 1899 Hoffenheim

Herkules

Zeit, einen alten Mythos neu zu beleben.

Ein Blick auf die Tabelle sagt: „Das sieht gar nicht gut aus.“
Ein Blick in die Geschichte sagt: „Da gab es schon Schlimmeres.“
Und ein Blick in die Kristallkugel lässt hoffen: „Alles wird gut!“

Unsere Mannschaft ist gerannt, hat gekämpft, viel investiert, alles gegeben, nichts erreicht. Mit 1:0 verloren wir das letzte Spiel der Hinrunde auf Schalke, was wirklich schmerzt, denn das Auftreten der Mannschaft war insgesamt solide

So also beenden wir die Hinserie mit der achten Niederlage und nur 13 Punkten. Ins neue Jahr geht es also definitiv auf einem Abstiegsplatz.

Das ist schlecht, aber es war schon schlechter, wenngleich das in der Tabelle anders aussah. Damals standen wir mit elf Niederlagen, einem Sieg mehr, aber sogar noch einem Punkt weniger am Ende der Hinserie auf demselben Platz wie wir es am Ende der Saison taten: 16. – und wir wissen, wie es damals ausging: gut.

Wir alle aber wissen auch, dass wir unseren Verbleib in Liga 1 weniger unserem Können als dem Unvermögen anderer Mannschaften zu verdanken hatten. Sich auf eine derartige Wiederholung zu verlassen, wäre töricht und wird wohl unter Stevens auch nicht passieren. Er wird weiter größten Wert auf konzentriertes Arbeiten legen und dabei keine Rücksicht auf Namen nehmen. Diesmal traf es Volland, der zu Beginn des Spiels auf der Bank Platz nehmen durfte. Vor wenigen Wochen noch undenkbar, gestern kaum spürbar, was zeigt, wie viel vor allem mentale Arbeit noch von dem Trainerteam zu verrichten ist, den einzelnen Spieler wieder in die Spur und die Mannschaft in Fahrt zu bringen.

Schon zu Beginn seines Engagements bei der TSG war jedem klar, dass es eine Herkules-Aufgabe werden würde, weshalb man sich ja wohl auch für passenden Mann als Trainer entschied, der ja auch fast so heißt: Herkules selbst (richtiger: Herakles, aber wir passen uns hier mal dem üblichen Sprachgebrauch an.) … äh … Herrstevens .. äh … Huub Stevens.

Beide sind für seine Stärke berühmt ist, bereits zu Lebzeiten in den (ein oder anderen) Olymp aufgenommen worden, zu (fast schon) göttlichen Ehren gekommen und gelten als Heil- und Orakelgott („So einfach ist Fußball – und so komplex und wasdennauch.“) sowie als Beschirmer der Sportstätten und Paläste.

Und es gibt noch mehr Parallelen: Das klassische Vorbild wird als sehr gelehrig, doch lebenslang bis zum Wahnsinn jähzornig beschrieben. Wer denkt bei so einer Beschreibung nicht an den Terminus „Knurrer von Kerkrade“?

Zudem ist die Fabel überliefert, in der Herkules auf Eudaimonia (die Glückseligkeit) und Arete (die Tugend) trifft, und er sich entscheiden muss zwischen einem mühelosen, aber kurzfristigen und moralisch verwerflichen Leben voll Genuss und Reichtum und einem beschwerlichen, aber tugendhaften und langfristig beglückenden Lebensweg entscheiden muss.

Herrstevens … äh … Herkules entschied sich, der Tugend zu folgen, weil er weniger den Verheißungen der Eudaimonia als den warnenden Worten der Arete glaubte:

 „Von dem Guten und wahrhaft Schönen geben die Götter den Menschen nichts ohne Mühe und Fleiß.“

Und unsere Mannschaft mühte sich. Von Anfang an ging es sehr fleißig, aber nicht hastig, und sehr konzentriert zu Werke. Rudy ersetzte den verletzten Schwegler sowohl im Mittelfeld wie auch als Kapitän – und das tat dem Spiel gut. Nicht in Sachen Reduktion der Fehlpassquote, das war auch in diesem Spiel das Hauptmanko unseres Teams, aber wir spielten insgesamt schneller.

Es war so etwas wie ein Mittelfeldspiel zu erkennen sowie der deutliche Wille, dass da die Post abgehen sollte. Allerdings war der letzte Pass zwar oft richtig adressiert, aber wohl falsch frankiert, denn der Ball erreichte sein Ziel nur in den seltensten Fällen, geschweige denn, dass er da landete, wo er eigentlich sollte: im Kasten.

Nach einer recht ausgeglichenen ersten Hälfte der ersten Hälfte übernahmen die Gastgeber mehr und mehr das Geschehen. Wirklich zwingende Chancen erspielten sie sich dabei aber nicht. Und auch das letztlich alles entscheidende Tor ging mehr auf eine Groteske von Kaderabek zurück, als dass es eine gefährliche Chance war. Aber leider versuchte er den langen Ball im direkten Zweikampf mit der Hacke zu klären, verfehlte ihn, dafür traf der Ball Choupo-Motengs Standbein, von wo aus das Ding ins lange Eck trudelte.

Das Tor blieb nicht ohne Folgen. Konnten unsere Jungs bis dahin das Fehlen von Selbstbewusstsein durch Agilität wettmachen, ein Phänomen, das man ja aus dem Alltag kennt, ohne jemals in dessen schlimmste Form, dem Aktionismus, abzugleiten, sorgte das Tor, wie es Faktizität im wahren Leben oftmals auch tun, für eine Lähmung.

„Jetzt bloß nicht …“, „Was, wenn die jetzt noch …“, „Oh, scheiße …“ Man konnte den Spielern deutlich ansehen, was sie dachten. Nun sind wir dem Denken an sich nicht abgeneigt, aber wenn es destruktiv wird, dann ist ein entsprechendes Abbild auf der Faktenebene nicht selten nur noch ein Frage der Zeit. Schlagwort: „selbsterfüllende Prophezeiung“.

Natürlich könnte man sich dieses System auch zur Erzielung positiver Ergebnisse versuchen zunutze zu machen, aber das klappt bei den wenigsten Menschen im normalen Leben, da kann man das von elf Jungmännern, die wider Erwarten auf einem Abstiegsplatz stehen und auf einem Rasen in einem Stadion, das lauthals die eigene Mannschaft nach vorne brüllt, nicht erwarten.

Umgekehrt demonstrierten die Gastgeber dann die Insignien wahren Selbstbewusstseins (eine größere spielerische Leichtigkeit, mehr Souveränität ohne Krampf), so dass es niemand verwundert hätte, wenn wir in der zweiten Hälfte der ersten Hälfte noch einen Gegentreffer kassiert hätten.

Noch mehr aber verwunderte, was in der zweiten Hälfte des Spiels passierte. Unsere Mannschaft agierte. Sie hielt wieder dagegen und versuchte wirklich viel und das sowohl über die Außen als auch durch die Mitte, aber scheiterte letztlich immer wieder an der mangelnden Präzision der Zuspiele – oder letztlich auch bei der Verwertung der Chancen. Direkt aufs Tor der Gastgeber kamen maximal eine Handvoll Bälle, nach denen sich der Torwart auch nur eher bücken als strecken musste.

Es war aber alles andere als ein schlechtes Spiel unserer Mannschaft. Sie gab nie auf. Bis in die 3. Minute der Nachspielzeit rannte unsere Mannschaft an, aber der eine hochverdiente Treffer wollte und sollte uns nicht gelingen.

Doch so ist das halt manchmal und außer dem Spiel ist noch nichts verloren. Noch haben wir 17 weitere Spiele, um uns da unten rauszukämpfen.

Nun taugen wir definitiv nicht als Orakel, aber bei all unserer prophetischen Inkompetenz (dazu muss man nur mal sehen, wie schlecht wir im TSG-Tippspiel platziert sind), dürften wir richtig liegen mit unserer Vorhersage, dass wir nicht alle diese Spiele gewinnen werden. Aber das macht auch nichts, denn ein Dutzend reicht.

Zugegeben, das klingt vermessen, weil es eben sechs Mal mehr Siege wären als in der Hinrunde, aber unmöglich ist das nicht, schließlich haben wir ja Herkules als Trainer, der ja seinerseits zwölf Siege erzielte, die als undenkbar galten. Warum sollten wir uns also nicht an den 12 Arbeiten des Herkules orientieren?

Die erste passt auch perfekt zum Start der Hinrunde: die Erlegung des Nemeischen Löwen.

751px-Mosaico_Trabajos_Hércules_(M.A.N._Madrid)_01Der Löwe war unverwundbar. Und auch für uns scheint Bayer, die ja einen Löwen in ihrem Logo haben, so etwas wie unbezwingbar, wenngleich es uns bereits einmal gelang. Die Taktik für dieses Spiel ergibt sich allerdings aus der Sage: Solange er seinen Gegner mit Pfeilen beschoss, passierte gar nichts. Sie prallten einfach an ihm ab. Erst als das Untier ihn angriff, schlug er ihm eine riesige Keule über den Schädel (Keule = Olivenbaum). Daraufhin versuchte es sich zu verstecken, was ihm lange gelang, doch kaum steckte er den Kopf aus seinem Versteck, würgte Herkules das Vieh zu Tode und zog ihm das Fell ab und machte daraus einen Umhang, der nun ihn selbst unverwundbar machte.

Die 2. Aufgabe wirkte ungleich schwerer. Und so wird es auch am 19. Spieltag sein, wenn es in München gegen die Bayern geht: die Tötung der Hydra, der neunköpfigen Lernäischen Schlange.

800px-Mosaico_Trabajos_Hércules_(M.A.N._Madrid)_02Bekanntermaßen gab es bei diesem Kampf das Problem, dass dem Wesen aus einer anderen Welt, wenn es einen Kopf verliert, an dessen Stelle zwei neue nachwuchsen. Zudem war der zentrale Kopf unsterblich. Er löste das Problem mit Feuer und Eifer. Er brannte jeden der enthaupteten Hälse aus, sodass keine neuen Köpfe mehr nachwachsen konnten. Den Rumpf der Hydra spaltete er in zwei Teile; in ihr Gift tauchte er seine Pfeile, die seitdem unheilbare, tödliche Wunden schlugen.

Das waren die zwei brutalsten Aufgaben, bei denen es nur einen Sieger geben konnte. Danach ging es weniger blutrünstig zu, was aber nichts an der Schwere der jeweiligen Aufgabe änderte. Es bedurfte halt jeweils der richtigen Taktik und Strategie.

Aufgabe 3 war das Einfangen der Kerynitischen Hirschkuh.

468px-Mosaico_Trabajos_Hércules_(M.A.N._Madrid)_03Dieses Wesen war für einen Menschen viel zu schnell und galt zudem noch als heilig, so dass er sie auf gar keinen Fall töten durfte. Sein Sieg war die Folge von Präzision, denn er brachte sie mit einem Pfeil zum Erliegen. Den zielte er allerdings nicht auf Kopf oder Herz, sondern genau zwischen Sehnen und Knochen ihrer Vorderläufe. Damit lag sie am Boden – und die Aufgabe war erfüllt. Das wäre eine durchaus passende Parabel für die Spiele zum Beispiel gegen Dortmund oder Mönchengladbach.

04_mosaique_dhercule_le_sanglier_derymantheAuch bei der 4. Aufgabe ging es darum, den Gegner am Leben zu lassen, aber dennoch siegreich zu sein. Er musste den Erymanthischen Eber einfangen, ein Tier, das die ganze Gegend, in der es hauste, verwüstete. Er trieb es letztlich aus seinem Wald in ein Schneefeld hinein, wo das Tier dann rasch ermüdete. Also ein klarer Fall für einen Gegner vor Ostern, der vor allem über den Kampf kommt wie Darmstadt, Augsburg, Stuttgart.

Aufgabe 5 war ein richtiger Scheißjob: das Ausmisten der Rinderställe des Augias.

767px-Mosaico_Trabajos_Hércules_(M.A.N._Madrid)_05Hier waren rund 3000 Rinder untergebracht. Mehr als 30 Jahre wurden sie nicht mehr gereinigt. Herkules hatte hierfür einen Tag Zeit. Damit war klar, dass er es nicht aus eigener Kraft würde schaffen können. Deshalb leitete er kurzerhand zwei nahegelegene Flüsse durch den Stall. Hier gilt es also mit allem zu agieren, was einem zur Verfügung steht. Ein Spiel, bei dem also auch die Fans gefragt sein werden. Hier böten sich an: Wolfsburg, Köln und natürlich das letzte Spiel gegen Schalke.

Aufgabe 6 könnte sich auch hervorragend für ein Heimspiel eignen, evtl. in Zusammenarbeit mit einem der Sponsoren.

456px-Mosaico_Trabajos_Hércules_(M.A.N._Madrid)_06Die Vertreibung der Stymphalischen Vögel gelang Herkules nämlich recht einfach. Hierfür bekam er von der Göttin Athene zwei metallene Klappern (also so etwas wie antike Klatschpappen), mit deren Hilfe er die Vögel aufscheuchen und zum Teil mit seinen vergifteten Pfeilen töten konnte. Die, die überlebten, kamen nie wieder. Darmstadt? Ingolstadt? Augsburg?

763px-Mosaico_Trabajos_Hércules_(M.A.N._Madrid)_07Das Einfangen des Kretischen Stieres (Aufgabe 7) ist eine komplexe Geschichte, aber im Grunde ging es nur darum, ein wildes Wesen für kurze Zeit zu bändigen, es allen zu zeigen und dann ging wieder jeder seiner Wege. Bremen? Hamburg? Oder doch eine Borussia?

Aufgabe 8 – ideal für Spieltag 8 der Rückrunde gegen den VfB Stuttgart: die Zähmung der menschenfressenden Rosse des Diomedes.

470px-Mosaico_Trabajos_Hércules_(M.A.N._Madrid)_08Diese Pferdebestien verschlangen mehr oder weniger alles und jeden. Herkules kam dabei auf die Idee, diesen Wesen ihren Herren selbst zum Fraß vorzuwerfen. Und nachdem sie das taten, wurden sie zahm – und konnten besiegt werden.

Eine Warnung, das selbst einfachste Aufgaben sehr schnell eskalieren können, ist Aufgabe 9: die Herbeischaffung des Zaubergürtels der Amazonenkönigin Hippolyte.

hippoHier hat Herkules einfach gefragt, aber nicht mit der Kraft der Intrige gerechnet, was ihn dann doch zum Krieg und damit auch dem Töten zwang. Ein wunderbares Sinnbild hierfür, dass man nichts auf die leichte Schulter nehmen sollte und auch bis zur letzten Sekunde der Nachspielzeit hellwach bleiben muss: Frankfurt, Hannover, Berlin?

Manchmal kommt es nur darauf an, die richtigen auszuschalten und schon ist das, was eigentlich unmöglich erscheint, ein Kinderspiel.

10Die 10. Arbeit des Herkules ist also ein Musterbeispiel für eine taktische Meisterleistung: Herkules sollte die Rinderherde des Riesen Geryon rauben. Dazu ging er kurz und schmerzvoll vor: Mit den Giftpfeilen aus seiner 2. Arbeit, erlegte er den Hirten und den Wachhund der Herde. Auch der Riese selbst, angeblich besaß er drei an der Hüfte zusammengewachsene Leiber, konnte den Raub nicht mehr verhindert. Herkules schlug ihn in die Flucht. Hamburg? Hertha? Wolfsburg?

Das Pflücken der goldenen Äpfel der Hesperiden war die 11. Aufgabe – ein klassischer Fall für ein Auswärtsspiel.

800px-Mosaico_Trabajos_Hércules_(M.A.N._Madrid)_11Herkules erfüllte die Aufgabe durch eine List, die den Vater der Hesperiden dazu brachte, diese wertvollen Äpfel zu pflücken, die ewige Jugend versprachen. Klingt nach einem Sieg durch Gegners’ Eigentor. Eintracht? Bremen? Irgendwie aber auch egal.

Die 12. und damit letzte Aufgabe ist natürlich wie so alles in der griechischen Mythologie von großer Symbolik: Es ging um Zerberus, den Höllenhund, der dreiköpfige Wachhund der Unterwelt, auf dass kein Toter herauskommt und auch kein Lebender eindringt. (Vielleicht hat das sogar weniger mit einem Spiel zu tun als mit dem Abstiegsgespenst – oder gar was mit DFL, DFB, UEFA, FIFA?) Irgendwie ist ja alles miteinander verbunden – sowohl im Fußball als auch der griechischen Sagenwelt. So ist Zerberus verwandt mit dem Nemeischen Löwen (Aufgabe 1), Hydra (Aufgabe 2) sowie Orthos, dem Wachhund aus Aufgabe 10.)

800px-Mosaico_Trabajos_Hércules_(M.A.N._Madrid)_12Herkules gelang es, ihn nach Rücksprache mit Hades, seinem Herrchen, aus der Unterwelt zu entführen und dann da ohne Waffen zu besiegen.

Vielleicht ist diese letzte Aufgabe schon jetzt Sinnbild für das letzte Spiel der Saison, wo es dann für beide Mannschaften im wesentlichen um nichts Wesentliches mehr geht, so dass die, die aus der Unter(tage)welt kommen, sich zwar nicht einfach so ergeben, aber letztlich dann doch geschlagen geben müssen.

Schön wäre es natürlich. 12 Siege würden ja schon reichen.

Unwahrscheinlich? Kann sein … Aber es passt einfach zu perfekt. Schließlich ist jetzt die Zeit des Wünschens.
13A propos: Wir wünschen Ihnen, liebe, liebe Leserinnen und Leser, seien Sie uns nun gewogen oder ergeben, dass Sie umgeben sein mögen, von Menschen, die Sie mögen und lieben, die Sie mögen und lieben, die Ihnen Energie schenken, Freude, Zuversicht, die Ihnen mit Wohlwollen und ohne Argwohn entgegentreten, und das nicht nur an den paar Tagen jetzt, sondern eigentlich immer.

Haben Sie einfach eine schöne Zeit! Und ärgern Sie sich nicht über den aktuellen Tabellenstand der TSG. Es gibt so viel Wichtigeres auf der Welt. In diesem Sinne: Alles Liebe!

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Alles wird gut!

Comments

  1. Jürgen Heim

    Invictis victi victuri!

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