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Akademikerfanclub 1899 Hoffenheim Rhein-Neckar Heidelberg 2007 e. V.

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1899 Hoffenheim vs. RB Leipzig

Alles, was zählt …

Über wahre Zahlen, die lügen.

Einem Akademiker geht es nicht um Gefühle. Tatsachen. Belegbare und belastbare Tatsachen. Fakten, zu denen es keine Alternative gibt, denn Fakten sind Fakten und „alternative Fakten“ sind Lügen. Es geht uns also um Wahrheit, Wahrhaftigkeit und Wahrscheinlichkeit – immer auf Basis von … genau: Fakten.

Daher können wir heute auf Basis der Faktenlage sagen: Angela Merkel wird der Bundesrepublik Deutschland noch sehr lange als Bundeskanzlerin erhalten bleiben. Wer sie so schnell wie möglich nicht mehr an der Spitze unserer Regierung sehen möchte, muss darauf hoffen, dass sie entweder die Vertrauensfrage stellt – und verliert – oder durch ein konstruktives Misstrauensvotum gestürzt wird. Das wird aber frühestens am Montag sein. Montag, den 20. Februar 2023. Vorausgesetzt, dass der Sieger des Finales der nächsten Europameisterschaft, das am 12. Juli 2020 in Wembley stattfindet, nicht Deutschland heißt. Sollten wir das aber tun, dann ist für sie spätestens am Sonntag Schluss. Sonntag, den 8. November 2022. Das wäre zwei Wochen vor der Eröffnung der übernächsten Fußball-Weltmeisterschaft in Katar.

Alles Fakten: Nach dem Gewinn einer Fußball-Weltmeisterschaft blieben die zu dem Zeitpunkt des Sieges amtierenden Kanzler (Adenauer, Schmidt, Kohl) nach dem WM-Sieg noch durchschnittlich 3144 Tage im Amt. Seitdem Götze ihn gemacht hat, sind aber erst 1240 Tage vergangen.

Damit ein Sieg in einem solchen Finale eine wesentlich positivere Auswirkung auf den/die Regierungschef/in als der Sieg einer Europameisterschaft, denn kein Kanzler konnte sich nach dem Sieg des Turniers des Kontinentalverbands noch länger 849 Tage im Amt halten.

Diese Tatsachen verdanken wir dem „BaSta“ („Büro für absurde Statistik„), das auch die Bedeutung des 10. Spieltages für das Ende einer Spielzeit herausgearbeitet hat. Wer an dem Tag Tabellenerster ist, hat die höchste Wahrscheinlichkeit es auch am 34. zu sein (2017/18: Bayern München), während die Teams, das an jenem Spieltag auf den Plätzen 15 und 17 stehen, mit hoher Wahrscheinlichkeit absteigen. (2017/18: SC Freiburg bzw. Werder Bremen).

Diese Analyse macht allerdings der TSG wenig Hoffnung, dass es dieses Jahr mit der Deutschen Meisterschaft klappt, denn noch nie gelang es einem an dem Spieltag Siebtplatzierten seinen Namen auf die Salatschüssel zu kriegen. Es gab aber schon einen, der von dem Platz am Ende den Gang in Liga 2 antreten musste. Dass wir der zweite sein könnten, hätte gestern um 15.29 Uhr nicht jeder ausgeschlossen. Seit 17.20 Uhr dürften das aber nur noch pathologische Pessimisten tun.

Jetzt könntest du, geneigte/r Leser/in, einwenden, dass solche Zahlen nicht wirklich aussagekräftig sind, da es keinen wirklichen Zusammenhang gibt. Ja, da magst du Recht haben, aber erstens, wollten wir das Thema des letzten Spielberichts („Absurdität“), da es unsere Mannschaft dankenswerterweise nicht machte, ein bisschen fortsetzen, zweitens reicht selbst dieser Einwand nicht aus, denn es gibt auch Zahlen, wo es einen klaren Zusammenhang gibt. In der Mathematik nennt man das „Korrelation“ – und je näher der Wert an 1 bzw. -1 ist, desto klarer ist der Beziehung zueinander.

So gibt es, wie man hier sehen kann, einen klaren Bezug zwischen der Punktzahl des Tabellenletzten der Bundesligasaison (blassblau) und der Erntemenge von Rotkohl auf dem Freiland (lila) .

TSGRBL1

Die Korrelation beträgt allerdings nur 0,7842. Schon deutlich höher (0,8302) ist das die Platzierung des BVB in der Abschlusstabelle und der Anbaufläche Gemüse in Sachsen-Anhalt.

TSGRBL2

Aber es gibt noch deutlichere Korrelationen. So beträgt die zwischen Schwangerschaftsabbrüchen (pink) und verkaufter Auflage der Tageszeitungen (braun) beeindruckende 0.9696.

TSGRBL3

Selbst die lässt sich steigern. Fast perfekt mit 0,9966 ist die Korrelation zwischen Waldfläche (blau) und zugelassenen Rechtsanwälten (hellblau) …

TSGRBL4

… und die Korrelation zwischen Ausgaben der öffentlichen Hand für Kultur von Gemeinden und Zweckverbänden in Millionen Euro (blau) sowie der Anteil der Weißweinsorten in Prozent an der gesamten bestockten Rebfläche in Deutschland (rosa) erzielt sogar eine glatte 1.

TSGRBL5

Es gibt aber natürlich auch inverse Korrelationen, d.h. Zusammenhänge dergestalt, dass eine Zahl in dem Maße steigt/fällt, wie die andere fällt/steigt. Solche Zusammenhänge werden mit einem Minus gekennzeichnet. Ein perfektes Beispiel hierfür ist die -1, die es zwischen dem Geldvermögen der privaten Haushalte (orange) gibt und der Zahl der Patienten, die aus Krankenhäusern entlassen wurden und bei denen „Bestimmte infektiöse und parasitäre Krankheiten“ diagnostiziert wurden (gelbgrün).

TSGRBL6

Und weil wir auch gerne mal über den eigenen Tellerrand schauen, blicken wir an der Stelle auch mal über den großen Teich. So gibt es in den USA eine Korrelation von 0.947091 zwischen dem Konsum von Käse und Menschen, die sich im Schlaf mit ihrer eigenen Bettdecke so verknoteten, dass sie zu Tode kamen, sowie einer von 0,992558 zwischen der Scheidungsrate im Bundesstaat Maine sowie dem landesweiten Verbrauch von Margarine. (Quelle).

Ja, das ist lustig – und natürlich alles Quatsch, denn so faktisch richtig das alles ist, was fehlt bei der Betrachtung? „Ja, du geneigte/r Leser/in?“ Genau: die Kausalität. Die Zahlen mögen miteinander verbunden sein, die in Zusammenhang gestellten Größen / Themen sind es nicht.

Das fällt in solchen Beispielen natürlich auf – zumindest hoffen wir sehr stark, dass es auffiel – und niemand sollte auf Basis solcher Korrelationen ohne Kausalitäten irgendwas (ver-)argumentieren wollen, aber doch tun wir das.

Vor allem in zwei Bereichen tritt dieses Phänomen sehr stark auf: in Börsenanalysen, auf die wir jetzt nicht eingehen wollen – Wie? Hören wir da einen Seufzer der Erleichterung???) – und in der Sportberichterstattung – und das „BaSta“ (auch) des Fußballs heißt „opta“.

Permanent werden hier Zahlen produziert und Zusammenhänge entweder suggeriert oder tatsächlich hergestellt, die es jedem intellektuell halbwegs Begabten schwer machen zu verstehen, was damit gesagt werden soll.

Dass eine Mannschaft soundso viele Tore aus/nach Standardsituationen erzielt/kassiert, soundso viele Tore in der ersten/letzten Viertelstunde eines Spiels schießt/fängt, noch nie zuhause/auswärts nach einem X:Y ein A:B gemacht hat, ist ja immer nur eine Zahl, die sich aus der Vergangenheit ergibt und die bestenfalls mal zur Bestätigung der Gegenwart herhalten kann. Aussagen über die Zukunft lassen sich daraus nicht wirklich schließen, weshalb man da ja entspannt mitmachen und alles, was einem missfällt ignorieren kann, denn all das Zahlengebabbel hat – im Gegensatz zur Börse – keinen Einfluss auf das, was kommt.

Egal, was welcher Experte oder Analyst vor oder während des Spiels sagt, egal, was opta an Zahlenmü…material produziert, es ist bedeutungslos. Selbst, das ewigzitierte „Was zählt, ist aufm Platz!“ ist nur bedingt richtig, denn was wirklich zählt, sind einzig und allein Tore.

4:0.

Vier. Zu. Null.

Wir. Die seit Wochen kacke kicken. Gegen den Tabellenzweiten. Ohne Vogt. Ohne Wagner. Wahnsinn.

Und zum Beweis, wie wenig Aussagekraft Zahlen haben, die Zahlen des kicker zum Spiel:

TSGRBL7

In allen als wichtig erachteten Punkten (Pässe, Ballbesitz, gewonnene Zweikämpfe) waren wir deutlich (!) schlechter. Nur in Sachen Laufleistung haben wir einen besseren Wert aufzuweisen: 6 Kilometer liefen unsere 11 Spieler in den 90 Minuten mehr, d.h. durchschnittlich bewegte sich jeder unserer Spieler in den eineinhalb Stunden pro Sekunde 10 cm mehr, was z. B. daran gelegen haben kann, dass Baumann einfach wesentlich lauffreudiger war als sein Gegenüber, wenn der Ball mal nicht in seiner Nähe war, auch wenn dieser nach rund einer Stunde mal zehn Meter machen musste, die er so schnell nicht vergessen wird.

Was der kicker nicht auswies, ist die sogenannte „Pecking-Rate“, also die Anzahl der Spieler, die mit einem Zuspiel überwunden wurden. Zugegeben, da dürften wir in dem Spiel nicht schlecht dagestanden haben, aber eigentlich kam ein solches Zuspiel nur vor dem 2:0. Vor dem 1:0 war der entscheidende Ball ein überragender Flankenwechsel von Geiger auf Kaderabek, also null Pecking, weil kein Gegenspieler überspielt, dafür von unserem wieder genesenen Tschechen überrannt und von Rupp mit etwas Glück und Amiri perfekt zu Ende gespielt.

Gut, bei Akpogumas Zuspiel auf Gnabry hatte er bis auf den Keeper die komplette Mannschaft der Sachsen ausgehebelt, aber auch bei dem für alle Zeiten unvergesslichen 3:0 durch Gnabry aus ca. 45 Metern war die Pecking-Rate gerade mal 1 – eben der Gästegoalie. Und auch beim 4:0 überspielten wir den Gegner nicht mit einem langen Ball oder einem Pass in die Tiefe, sondern durch ein sehr feines Kombinationsspiel, wie wir überhaupt 90 Minuten lang ab dem Mittelfeld sehr schön kombinierten, während wir in der Defensive, was wohl wirklich niemand vermutete, da Vogt gesperrt fehlte, herausragend agierten. Posch, Hübner und Akpoguma hatten die Abwehr sensationell gut im Griff. An den Flanken unterstützt von Kaderabek und Zuber sowie zentral von einer weiteren Dreierkette, die ihr sowohl vom Kampfeswillen, aber auch physisch sehr nahe war, was den Weg zum Tor für die Gäste weit machte. Bis auf wenige Schüsse aus der Ferne, wo auch nur bestenfalls zwei aufs Tor von Baumann und dies auch jeweils direkt in seine Arme kamen, ging in der ersten Halbzeit (überraschend) wenig bis null Gefahr von den Gästen aus.

Wir hingegen spielten so abgezockt wie schon ewig nicht mehr. Der Ball sollte und wollte gewonnen und dann möglichst sicher zum nächsten Mitspieler gepasst werden. Keine Firlefanzsolos, kein Hakenundnochnhakenundnocheiner, sondern alles getreu dem Motto „flach spielen, hoch gewinnen“.

Das 1:0 war ein Paradebeispiel dafür. Natürlich waren wir alle nervös – nach der frühen Führung, Hatten wir ja schon so einige in der Spielzeit. Aber dennoch gab es unserer Mannschaft Sicherheit, was man bereits beim Wiederanpfiff merkte. So ausgelassen der Jubel war, so konzentriert stand man wieder in Formation, als es weiterging.

Und wie es weiterging: Leipzig gelang nichts und uns noch zwei Abseitstore sowie eine Megachance durch Kaderabek, die der Leipziger Keeper aber leider genauso gut parierte.

Zur Halbzeit wechselten die Gäste gleich zweimal aus. Mit Bruma und Ilsanker kamen zwei Spieler, die so viel Ablöse kosteten, wie die komplette Mannschaft der TSG, die zu dem Zeitpunkt auf dem Platz stand, womit auch die Mär ins Wanken gerät, wonach es eine klare Korrelation von Etat und Tabellenplatz gäbe. Natürlich macht man das gerne am deutschen Rekordmeister fest, aber viel mehr als ihn gibt es dazu auch nicht, denn immer wieder gibt es hier zum Teil deutliche Abweichungen, so dass der Etat bestenfalls ein Indiz sein kann. Vor allem aber scheint er eine Bürde zu sein, denn je höher der Etat, desto höher sind die Erwartungen der Fans bzw. desto dicker die Überschriften des Boulevard. (Wir wissen, wovon wir reden, erreichten wir 2012/13 mit einem eher hohen Etat einen doch eher bescheidenen 16. Platz – und den auch bekanntlich nur mit sehr viel Dusel. – Und auch unsere Gäste hatten länger in Liga 2 verbracht, als es ihre Etats vermuten ließ.)

Durch die Einwechslung kam es auch zu einer Umstellung bei den Leipzigern, die immerhin so erfolgreich war, dass wir die ersten fünf Minuten im zweiten Durchgang nur marginal an den Ball kamen: Fußspitze Posch, Wade Hübner. Akpoguma war der erste, der den Ball zum ersten Mal halbwegs sicher am Fuß hatte. Das Pressing der Gäste konterte er mit einem langen Ball auf Gnabry, dem sehr zupass kam, dass die beiden Leipziger Verteidiger nur zu 50% auf Abseits spielten, so dass er frei aufs Tor zulaufen und das 2:0 erzielen konnte.

Als er dann kurz später den Keeper fast von der Mittellinie überwand, gab es auf den vollbesetzten Rängen kein Halten mehr. Ohnehin war die Stimmung von Anpfiff an bestens.

Nun mögen Traditionalisten Klatschpappen als Ausdruck von Fan-Dekadenz empfinden und ablehnen, aber Fakt ist, zumindest bei uns: Es funktioniert. Es fördert hier die Partizipation der Besucher, das heißt mehr Lärm, das heißt bessere Stimmung und, zumindest diesmal, bessere Leistung. (Leider fehlt uns Dezibel-Datenmaterial, um eine wie auch immer geratene, halbwegs zuverlässige Korrelation herstellen zu können. – Oder kann uns hier wer mit entsprechenden Daten versorgen? Hat jemand parat, wie viele Klatschpappen-Partien wir bereits gespielt haben, welche das waren und wie sie ausgingen?)

Und auch, wenn wir in der Spielzeit schon so manches Spiel aus den Händen gegeben haben, diesmal war sich jeder sicher, dass dies nicht geschehen wird. Dazu hatten wir einfach zu viele Großchancen, die wir allerdings sträflichst ungenutzt ließen. Doch nach dem katastrophalen 0:3 in der Vorwoche gegen den Kellerdino und der aktuellen 3:0-Führung gegen den Tabellenzweiten fiel das nicht ins Gewicht.

Zu groß die Freude über das Wiedererstarken des Teams als Einheit. Noch ein Grund, der dafür spricht, dass wir, sollten wir uns erneut für einen europäischen Wettbewerb qualifizieren, es besser die Champions League ist, da sie den Mannschaften zumindest theoretisch die Chance auf Training lässt – und Training ist das, was unser Team braucht. Mit nur drei Punkten hinter Platz 2 scheint das aktuell ja alles andere als aussichtslos.

Außerdem hat es ja dann doch noch geklappt mit dem vierten Treffer, womit wir nicht nur den höchsten Saisonsieg erzielten und den Gästen ihre höchste Bundesliga-Niederlage einbrachten, sondern uns auch den ersten Sieg gegen die Brausebullen.

Damit haben wir in unserer fast zehnjährigen Bundesligazugehörigkeit jetzt jede Mannschaft schon mal geschlagen. Hat ja auch was.

Bleibt jetzt nur noch, sich anständig und auch clever von Europa zu verabschieden, denn die Adventszeit ist für uns in der Bundesliga alles andere als beschaulich: Sonntag Hannover, Mittwoch Stuttgart, Samstag Dortmund.

Übrigens: Gewännen wir alle drei Spiele, was ja keiner wirklich glaubt, kämen wir sogar auf einen Punkt mehr als in der Vorsaison. Aber andererseits: Wer hätte geglaubt, dass wir 4:0 gegen RB gewinnen? 🙂

Hach: Fußball – kann schon sehr geil sein. Kein Wunder, dass er so boomt. Auch wenn das auch nachteilig ist. Für die deutschen Sozialkassen. Denn die Fußball-Bundesliga wirkt sich nachteilig auf die Geburtenrate aus. Denn Fakt ist:

Nie wieder wurden in Deutschland so viele Kinder gezeugt wie in den letzten 12 Monaten ohne Bundesliga-Fußball.

BaSta 🙂

 

 

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