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Akademikerfanclub 1899 Hoffenheim Rhein-Neckar Heidelberg 2007 e. V.

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1899 Hoffenheim vs. FSV Mainz 05

1899 Hoffenheim vs. FSV Mainz 05

TSTS

1899 goes 2011 ff. – Unsere Tradition ist welche Zukunft?

Wenn es etwas gibt, in dem sich sowohl das gesamte archaische Arsenal des Menschen kumuliert, dann ist das der Sport, hierzulande insbesondere der Fußball. Zuerst, wie man aktuell im Kino sehen kann, wollte man „die englische Krankheit“ hierzulande nicht haben, und dann sollte sie relativ monokausal und sowohl grammatikalisch als auch argumentativ optimierbar gewissen spieltranszendenten Regeln folgen: „weil das war schon immer so“.

Einige Beispiele:

Das fängt an mit der Mär der Anstoßzeit.
Dass die von selbsternannten Traditionalisten, gegen die so mancher Taliban wie ein liberales Weichei daherkommt, propagierte Uhrzeit von „Samstag, 15.30h“ die Folge der Fernsehberichterstattung ist, schließlich kam um 18 Uhr die „Sportschau“, in der lange, lange Zeit ja auch lange nicht einmal die Hälfte der Spiele in Bild und Ton dargeboten wurden, darf nicht erwähnt werden. „Darum geht es nicht“, wird einem dann entgegnet und gemeint sind damit wohl Fakten. (Das gibt es ja auch bei anderen Gruppierungen. So geht es beispielsweise bei der „jungfräulichen Empfängnis“ ja auch nicht um die biologische Variante des Vorgangs.) Das ist mehr „sinngemäß“ zu verstehen. Es geht also um etwas anderes. Um was auch immer. Im Falle der Fußballfundamentalisten letztlich um ein Feinbild: die Medien, die Konzerne, das Geld.

Der Mythos der intellektuellen Simplizität.
Wie so oft haben die, die mittendrin sind und die Gegner desselben etwas gemeinsam. Im Falle Fußballfan ist es die Meinung über den selben. Er schreit, blökt, schmäht. Er singt, trinkt, feuert seine Mannschaft an. Seine Interessen sowie seine intellektuellen Fähigkeiten sind begrenzt. Es ist halt dann nur die daraus resultierende Wertung: die einen finden das gut so, die anderen sehen darin einen Grund ihrer Ablehnung des Ganzen. Dabei haben beide Unrecht. Wer sich Bilder/Berichte früherer Weltmeisterschaften, auch solche, in denen es schon Farbfernsehen gab, ansieht, hört von alledem nichts. Weder Schreihälse noch Dummköpfe sind da auszumachen. Erst durch das Aufkommen der richtigen „englischen Krankheit“, nein: nicht BSE, durch die Hooligans erlebte das Umfeld des Sports eine Proletarisierung, was durch Übertragungen von Auseinandersetzungen, Ausschreitungen, blanken XXL-Bierbäuchen bei Minusgraden von den Medien gerne und natürlich nur und ausschließlich ihrer journalistischen Dokumentationspflicht geschuldet aufgenommen und dadurch auch gefördert und manifestiert wurde. Sie, die Hooligans, die Proleten, sie waren das Event, nicht das Spiel. Das hat sich nun geändert. Die Medien rücken das Spiel und seine Protagonisten wieder mehr in den Vordergrund. Die Helden von einst sind nur noch schmückendes Beiwerk. Fußballfolklore, auf denen aber die ganze Last der Stadionatmosphäre lastet. Das verärgert natürlich. Deshalb wettert auch jener Fan gegen die Rückkehr der Zuschauer, also des Bürgertums, das er Eventpublikum nennt. Und jene, die ihre Freude am Spiel weniger durch Präsentation eigener Körperfülle als vielmehr eigener Gedankengänge zum Ausdruck bringen, sind ihm nicht weniger suspekt bis verhasst. (Hierzu verweisen wir gerne auf Kommentare zu uns in gewissen Foren.) Dabei müsste man sich doch freuen, dass der Sport sowie die eigene Mannschaft von so einer großen Masse Zuspruch erfährt. Aber auch hier scheint es wiederum nicht darum zu gehen. Also geht es wieder um etwas anderes, Um was auch immer. Im Falle jeder Fans schlicht um Eitelkeiten. Und das hat der ordinäre Fan gemein mit allen Menschen – ob nun braun-, grün oder blauäugig, blaublütig oder einfach nur blau, ob mit oder ohne Migrationshintergrund, ob mit oder ohne Dissertationshintergrund: Er ist eitel. Und damit ist ihm jeder verhasst, der das hat, was er will: Aufmerksamkeit. Von daher haben die „Ultras“ als auch die Fußballhasser ein reges Interesse an der Aufrechterhaltung dieses falschen Bildes des, sagen wir mal: inselbegabten Fußballfans. Den einen dient es als Erhöhung, den anderen als Möglichkeit „ins Fernsehen“ zu kommen.

Die absolute Heterosexualität.
Im Fußball gibt es sie. Bei den Herren. Mögen Statistiken davon künden, dass rund 10% aller Männer homosexuell seien, im Fußball nicht. Hier ist die Welt noch so, wie man sie sich an höchster Stelle wünscht – und auch da arbeiten ja nur Männer – und die sind nicht mal hetero: im Vatikan. Und damit kommen wir zum letzten Punkt:

Die Tradition als solche.
Im Vatikan gibt es die congregatio pro doctrina fidei, eine Institution, die das eigene System vor Häresien, also Ketzerei, äh: abweichenden Glaubensvorstellungen schützen soll. Der Vorgänger des jetzigen Vorsitzenden dieser Glaubenskongregation ist heute Papst. Im Fußball scheint es auch eine solche Institutionen auch zu geben, allerdings nicht alle institutionalisiert. Sonst würden wohl heute noch, wenn es nach den einen ginge, Mannschaften wie Preußen Münster, FK Pirmasens, SV Waldhof Mannheim, 1. FC Magdeburg, TeBe Berlin, 1. FC Saarbrücken, Dynamo Dresden, Bayer Uerdingen allesamt mindestens in der 2. Liga spielen und Deutschland hätte vor zwei Jahren keinen Deutschen Fußball-Meister gehabt. Nach bei den anderen scheinen nur solche im Bereich Fußball tätig sein zu dürfen, die schon früher im Fußball aktiv waren.

Nun sind wir ja ein Verein, dessen Tradition die Zukunft ist. Deshalb waren wir uns Anstoßzeiten nie ein Thema, deshalb hat 1899 Hoffenheim auch (noch?) den einzigen Akademikerfanclub Deutschlands und spielen auch Bundesliga und wurden gleichmal in unserer ersten Hinrunde Herbstmeister.

Ja, wir machten vieles von Anfang an anders (nur schwul ist keiner, is klar). Als der DFB beispielsweise Bernhard Peters wegen Stallgeruchmangels nicht haben wollte, nahmen wir ihn. Es geht ja nicht um die Sportart, in der er erfolgreich war, sondern darum, dass er im Sport erfolgreich war. Schließlich sind die Mechanismen des Erfolgs im Grunde immer gleich.

Deshalb lohnt es sich auch, andere Konzepte anzuschauen, sie zu analysieren, um zu sehen, welche Aspekte man davon zum eigenen Nutzen nutzen kann. Das muss nicht einmal Sport sein. Das könnte alles sein – man müsste halt verstehen, was den Erfolg dieser Sendung ausmacht, aber warum scheinen wir uns an „DSDS“ zu orientieren?

Weil die Einschaltquoten sehr gut sind? Das Interesse daran gerade der nachwachsenden Rohstoffe, äh: Zielgruppe enorm ist? Das Reservoir an Nachwuchs, die ihre Chance nutzen wollen, nicht zu versiegen scheint, und auch der Umsatz stimmt? Das wären alles gute Gründe. Dennoch sollte man es nicht kopieren. Denn der Erfolg dieses Formats basiert nicht darauf oder dem Ergebnis, sondern in der Zurschaustellung der Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit der angeblichen Talente. Der Zuschauer entwickelt hier eine große (Schaden-)Freude an der Teilhabe des Scheiterns.

Das Gegenteil ist bei uns der Fall. Wenn wir teilhaftig werden einer solchen Zurschaustellung der Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit unserer Spieler, entwickeln wir keine Freude. Nicht einmal Schadenfreude. Wir entwickeln gar nichts mehr.

Nicht „Quo vadis?“ fragten wir uns nach dem Spiel („Wohin gehst du?“), sondern „Quo vadebas?“ („Wohin gingst du?“)

Was wir da sahen, entsprach zwar dem, was zu Anfang der Rückrunde als Motto (?) („gegen den Abstieg“), aber nicht auf dem Transfermarkt (in €) ausgegeben wurde.

So schön es ist und so beeindruckend es auch klingen mag, dass wir (noch) vor Mannschaften wie dem VfB Stuttgart, Schalke 04 und Werder Bremen stehen, es wäre noch schöner, wenn dies in einer „normalen“ Saison der Fall wäre, wo diese Mannschaften um einen Platz in der Champions League und nicht gegen den Abstieg spielen würden.

Das wirklich Überraschende ist: In der Tabelle sind wir 10 Plätze besser platziert, als die Leistung im Spiel gegen Mainz vermuten lässt. Einstelliger Tabellenplatz. Aber so wie im Tableau steht die Mannschaft auch auf dem Platz – relativ orientierungs- und bewegungslos im Mittelfeld.

Quo vadebas?

Natürlich hatte nicht jeder Spieler seinen besten Tag. Jaissle, Ibertsberger, Rudy, Salihovic und auch Babel hatten alle schon mal besser gespielt, aber im Grunde waren die einzelnen Spieler in den einzelnen Szenen so schlecht nicht. Richtig schlecht war das Spiel als Mannschaft.

Da ist es dann natürlich ein Leichtes, sich beispielsweise über Ibisevic aufzuregen als Chancentod. Aber wie viele verwertbare Bälle bekam er denn aus dem völlig überfrachteten Mittelfeld zugespielt? Wenn ein Ball nach vorne kam, dann wieder meist lang. Nicht gerade das beste Mittel für Ballbesitz.

Anfang der zweiten Halbzeit machten wir uns einmal die Mühe und zählten die Ballkontakte vor einem Ballverlust. Wir kamen über sechs nicht hinaus. Das Interessante war, Mainz war in dieser Beziehung keinen Deut besser. Aber sie rannten mehr, sie waren näher am Mann, sie wollten. Unsere Spieler wirkten, als ob sie nicht wüssten, was sie sollten.

Nach dem Anpfiff war zwar der Versuch zu erkennen, gleich mit Verve dem Gegner zu zeigen, wer hier der Herr im Hause ist. Dies mündete allerdings in einem zwar für den Spielstand folgenlosen Konter, aber danach ward Vorsicht die Mutter der Porzellankiste, die getragen wurde von Tante Unsicherheit und ihrer Schwester Hilfmir.

So spielte man den Ball zwei mal nach vorn, bis kurz hinter die Mittellinie, dann einmal zur Seite, sicher zurück und dann lang nach vorn und weg war der Ball – und der jeweilige Spieler schien erleichtert.
Manchmal ging es aber auch schneller, bis wir den Ball verloren und einmal nutzten das die Gäste. Wir hatten Glück, zur Halbzeit nur mit 0:1 hinten zu liegen.

Neben maximalen Konservatismus zeichnet den Fußballfan ja auch eine große Romantik aus, einen nahezu kindlichen Glauben an das Gute. So waren wir uns in der Pause sicher, dass die Mannschaft wie verwandelt aus der Kabine kommen und Firmino spielen werde.

Aber der Trainer und wir, das passt nicht. Die Mannschaft spielte den gleichen Stiefel und für Vukcevic kam Sigurdsson. Wie üblich gewann er kein Kopfballduell und bevor er seinen ersten Zweikampf gewann, hatte er fünf verloren. Für so etwas wurde man von Pezzaiuoli auch schon mal nach 20 Minuten ausgewechselt. Sigurdsson blieb dies erspart.

Dafür durfte dann Ibisevic, der nominell einzige Stürmer, bei 0:1- Rückstand zuhause gegen eine Mannschaft in Reichweite vom Feld. Ihn ersetzte Mlapa, der aber letztlich auch nicht viel mehr machen konnte, als auf Bälle aus dem Mittelfeld warten. Aber auch bei ihm kamen sie erst nicht.

Dann endlich hatte man wohl verstanden, dass 4 Millionen auf der Bank im Fußball keine Zinsen bringen, und wechselte Firmino für Rudy ein – und plötzlich wurde das Spiel ansehnlicher. Dieser Junge nahm sich den Ball und tat etwas damit, was zuvor verboten schien: spielen und passen. Flach. Zum Mitspieler. Das hatte schon wieder was mit Fußball zu tun.

Man kann nur mutmaßen, warum der Trainer, der ja auch nicht gerade die Supersicherheit ausstrahlt, ihn erst so spät brachte. Waren es Gedanken wie „Versuchen wir es halt doch mal …“, „Viel mehr kann er auch nicht kaputt machen …“, „OK. Meinetwegen …“?

Was immer es war, es war noch rechtzeitig und kurze Zeit später kamen wir dann auch zum glücklichen Ausgleich durch Alaba. Dabei profitierten wir unsererseits von einem Abwehr-/Torwartfehler, aber drin ist drin und noch fünf Minuten zu spielen.

Zwei Minuten waren dann die Mainzer zum letzten Mal vor unserem Tor. Im „aktuellen Sport-Studio“ wurde die Szene kommentiert mit den Worten: „Beck und Compper mit einem Abwehrverhalten wie in der Tanzschule. Nah am Körper, aber doch sehr schüchtern.“ Pass nach innen, Fußspitze, wieder verloren.
So kann es nicht weitergehen. Aber so wird es wohl weiter gehen. Bis man bei der TSG erkennt, dass man was ändern muss und sich auf die Suche macht nach T und S.

Denn auch wir sind hochgradig archaisch:

Wir wollen unseren alten Fußball wieder haben – mit Tempo und Spielfreude.

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