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Akademikerfanclub 1899 Hoffenheim Rhein-Neckar Heidelberg 2007 e. V.

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1899 Hoffenheim vs. Bayern München

In Ordnung

in dubio pro bavariae

Das Spiel begann schon vor dem Spiel mit einer Überraschung. Es gab keine. Keine große. Statt Salihovic wieder ins Mittelfeld zu stellen, um den verletzten Polanski zu ersetzen, nahm Strobl die Position des Polen ein und Salihovic gab im zweiten Spiel in Folge den linken Außenverteidiger. Die Alternativen wären Thesker oder Toljan gewesen, so dass es wohl letztlich die Erfahrung war, die den Ausschlag gab, zumal der Bosnier in seiner Nationalmannschaft diese Position spielt. Dennoch war die Frage natürlich, wie sich der nicht gerade lauffreudigste unserer Spieler gegen die starke rechte Seite der Gäste schlagen würde.

Anderseits haben die mit Europas Fußballer des Jahres auch eine starke linke Seite, der wir mit Beck zwar ebenfalls einen erfahrenen Verteidiger entgegenstellen konnten, aber halt auch einer, der bei allem Engagement und Willen, immer ein gerüttelt Maß an Fahrigkeit in seinem Spiel hat.

Zudem ist er neben Casteels der Dauersündenbock innerhalb der Fans, was ihn schon fast zum Berti Vogts des Kraichgau macht. Von letzterem stammt ja der schöne Satz (neben vielen anderen, u.a. „Hass gehört nicht ins Stadion. Solche Gefühle soll man gemeinsam mit seiner Frau daheim im Wohnzimmer ausleben.“, „Sex vor einem Spiel? Das können meine Jungs halten, wie sie wollen. Nur in der Halbzeit, da geht nichts.“): „Wenn ich übers Wasser laufe, dann sagen meine Kritiker, nicht mal schwimmen kann er.“

Das ist nicht schön und auch kein Ruhmesblatt für uns Fans, aber es ist leider so. Das barg natürlich die Gefahr, den Spieler, sollte ihm in den Anfangsminuten ein Ball misslingen, durch Unmutsbekundungen zusätzlich zu verunsichern.

Ohnehin war das die große Frage: Wie sicher ist die Mannschaft? Wie ehrfürchtig? Immerhin ging es gegen den amtierenden Champions League-Sieger, gegen den wir noch nie gewinnen konnten. Andererseits konnten wir gegen sie schon einige Unentschieden zu Hause erkämpfen und das wäre schon ein großer Erfolg gewesen. Außerdem gelang das in der Saison schon anderen Mannschaften, auch einer, die aktuell schlechter platziert ist als wir. Und in den letzten Spielen gerieten die Gäste immer in Rückstand. Vielleicht. Mit ein bisschen Glück. Und viel Einsatz. Ballsicherheit. Disziplin. Und Ordnung.

Das Spiel begann.

Es ging eigentlich ganz normal los. Der Ball lief gut, wenngleich hauptsächlich in den Reihen des Gegners, aber das war ja zu erwarten. Allerdings verloren sie viele Bälle, zum einen durch Abspielfehler, was in der Tatsache mitbegründet war, dass es deren elfte Startelf im elften Bundesligaspiel war, andererseits durch ein kluges und aggressives Defensivspiel.

Dadurch oblag es Casteels sehr oft, den Ball ins Spiel zu bringen. Gerne tut er dies mit weiten und gar nicht mal so unpräzisen Abschlägen, doch das war diesmal nicht so, was weise war, denn wenn man es genau nimmt, brachten diese Abschläge oft nichts. Modeste kann sehr selten den Ball in solchen Situationen behaupten, und in puncto „zweiter Ball“ haben wir auch noch Optimierungspotenzial.

Es war hochwahrscheinlich, dass dies in dem Spiel nicht unbedingt besser würde, was Ballbehauptung und Eroberung der Abpraller angeht, so dass man sich für eine andere, auch für die Zukunft sehr interessante Variante entschied: die defensive Spieleröffnung meist über den linken Verteidiger Salihovic.

Salihovic ist an sich gut und sicher am Ball. Unter Bedrängnis und auf engem Raum unterlaufen ihm dabei aber immer wieder Ballverluste. Eine solche Situation findet er im Mittelfeld vor, nicht in der Defensive. Hier hat er etwas mehr Zeit, die er klug zu nutzen wusste. Nicht selten spielte er den Ball zu Casteels zurück, der dann den Ball an Süle oder Abraham weiterspielte. Diese Ordnung hielten wir konstant durch (auch wenn Casteels da die ein oder andere Konterchance nicht nutzte).

Das war mehr zwar Aha- als Hurra-Fußball, aber klug, denn so ließ man die gegnerischen Angreifer laufen. Sie versuchten zwar eine Art Pressing, aber unsere Hintermannschaft machte das Spiel breit und spielte, so lange es ging, den sicheren Ball. Und wenn es eben nicht mehr ging, gab es halt den langen durch den Langen. Wie aber befürchtet landeten die meisten dieser Abschläge Casteels’ nach ein, zwei kurzen Zweikämpfen beim Gegner.

Insgesamt waren sie so aber weniger am Ball. Da deren Spiel aber auf dem Prinzip des Ballbesitzes beruht, war es für sie ein anderes Spiel, bei dem sie sich nicht ewig warmspielen und den Gegner zurechtlegen konnten.

Zusätzlich zogen sich Modeste und Firmino bei Ballbesitz des Gegners ins Mittelfeld zurück, so dass die Räume enger wurden, was zu mehr Zweikämpfen und einem ungenaueren Passspiel führte. Wobei das natürlich alles sehr relativ zu sehen ist.

Übers gesamte Spiel hatten die Gäste eine beeindruckende Passgenauigkeit von 90% – und das bei 641 gespielten Pässen. (Wir brachten es bei unseren 345 Pässen auf gerade mal 76%.)

Jedenfalls überstanden wir so die ersten halbe Stunde des Spiel sehr sicher. Den größten Aufreger gab es durch einen Sturz eines unserer Angreifer im Strafraum der Gäste, der aber völlig zu Recht in keiner Form geahndet wurde. Bei einem Duell Mann gegen Mann passiert so etwas, dass man unten den Ball spielt, aber dann mit dem anderen Fuß gegen den Oberschenkel des Gegners tritt. Das war auch schon in Ordnung, aber so gaaaaanz sauber …

Als wir das zweite Mal im Strafraum der Gäste waren, fiel dem Gästekeeper der Ball aus den Händen, Süle vor die Füße und damit das 1:0.

Das war sagenhaft schnell reagiert – und schwer in Ordnung. Süle schoss damit nicht nur sein erstes Tor in der Fußball-Bundesliga, er ist jetzt auch der jüngste Torschütze der ersten Mannschaft der TSG 1899 Hoffenheim in der Bundesliga. (Diesen „Rang“ hatte zuvor der aktuelle Sportler des Jahres Österreichs inne, der nun auf Seiten der Gegner spielt – ebenso wie unsere ehemalige Nr. 1, die nach Schlusspfiff von unseren Fans groß gefeiert wurde. – Eigentlich ein sehr interessanter Moment, bei dem man nicht umhin konnte zu bedenken, dass sein Weggang nach Rangnicks Abgang entscheidenden Anteil an der noch so jungen Geschichte des Vereins hat und das, obwohl er auch immer für so einen Bock gut war, wie er in der 34. Minute seinem Kollegen bei seinem neuen Arbeitgeber unterlief.)

Da war die Freude groß in dem erstmals in dieser Saison ausverkauften Stadion. Und die Führung war nicht unverdient. Wir spielten sehr clever und im wahrsten Sinne des Wortes ordentlich.

Aber es war ja nicht das erste Mal, dass wir in Führung gingen und Punkte liegen ließen, und es war auch nicht das erste Mal, dass die Gäste in Rückstand gerieten und die Spiele trotzdem gewannen. So war man zwar nicht gewarnt, aber doch gespannt darauf, was nun kommen würde.

Und erst einmal kam nichts – vom Gegner, weil unsere Mannschaft wieder sehr schnell zur Ordnung zurück fand. Dafür kam eine wunderbare Aktion von Volland, bei dessen Fernschuss der Gästekeeper aber dann keinen Fehler machte und den Ball gerade noch abwehren konnte.

Kurze Zeit darauf fiel dann das sehr unglückliche 1:1 nach einem Freistoß für die Gäste. Schon bei der Komposition der Mauer hatte man ein ungutes Gefühl, denn das Ende der Mauer stellten zwei Gästespieler dar und keiner der unseren stand hinter ihnen. Es war also davon auszugehen, dass die beiden wegspringen und so dem Ball Platz machen würden. Dies war wohl auch der Plan, allerdings verzog der Schütze. Er traf die Lücke nicht, stattdessen seinen Mitspieler, der den Ball unhaltbar abfälschte.

Die Frage war: War der Freistoß gerechtfertigt? Im Grunde war es eine vergleichbare Situation mit der Strafraumszene zu Anfang des Spiels, bei der, weil normaler Zweikampf, kein Strafstoß gepfiffen wurde. Hier aber sah der Schiri ein Foul, Abraham dafür sogar gelb; die Rest ist bekannt.

Ohnehin hatten wir kein so großes Glück mit diesem Unparteiischen, dem wir seine Unparteilichkeit nicht absprechen wollen, aber dennoch waren seine Entscheidungen tendenziös. Zumindest als Hoffenheimer hatte man schon den Eindruck, dass er bei Zweikämpfen, Nickligkeiten, Einwürfen im Zweifel für die Bayern entschied. Auch war sein Bedürfnis zu Ermahnung und Verwarnung gegenüber den Spielern in Blau deutlich ausgeprägter als gegenüber den Spielern in Rot.

Immerhin muss man ihm zugute halten, dass er auf keine der Hirundinidae der Gäste hereinfiel. (Wer den letzten Spielbericht las, kennt diesen Begriff aus der Ornithologie.) Jedoch waren da einige so deutlich, dass hier eine Verwarnung auch nicht deplatziert gewesen wäre. Sie blieb aber aus.

In der 2. Halbzeit ging es insgesamt munterer zu. Die Gäste stellten um, forcierten ihr Angriffsspiel und kamen auch zu mehr Chancen. Diese aber konnten sie nicht verwerten, zum Teil aus Unvermögen, zum Teil wegen einer guten Abwehr und eines sehr wachen Torwarts.

Dieses Mehr an Offensive seitens der Gäste eröffnete uns ein Mehr an Konterchancen, die wir aber letztlich nicht sauber ausspielten. Das bisschen Mehr an Präzision hat uns gefehlt, um mehr zu erreichen. Stattdessen gab es nach 75 Minuten ein Weniger an Konzentration.

Erst spielte unser Torschütze den Ball nicht gut aus der Abwehr. Dann konnte Beck den nächsten Angriff abwehren, aber bei seinem Klärungsversuch legte er sich den Ball zu weit vor, verlor ihn dann im Gestocher. Der Rest der Abwehr versuchte alles, grätschte, was ging, aber mit ihrer wahrlich beeindruckenden Reaktionsschnelligkeit und Ballsicherheit schoben die Gäste den Ball immer weiter, bis er letztlich bei einem völlig freistehenden Spieler landete, der dann keine Mühe hatte, den Ball an Casteels vorbei einzunetzen. (Immerhin wurden die beiden unglücklichen Verteidiger, die in den jeweiligen Situationen nicht wirklich gut reagiert haben, nicht ausgepfiffen.)

Nach der Szene wusste man dann, welche Hälfte der deutsche Volksmund unterschlägt, wenn er sagt: „Ordnung ist das halbe Leben.“ Es ist die Konzentration. Sie fehlte in der Situation und letztlich uns zum Glück. Eine Viertelstunde noch – und die Frage war natürlich: Ausgleich oder Debakel?

So hush now child and don’t you cry
Your folks might understand you by and by

Die Antwort gaben die Auswechslungen: 78. Elyounoussi für Herdling, 81. Schipplock für Modeste, 87. Vestergaard für Rudy. Letzterer ging auch sofort in die Sturmspitze. Das war großer Sport.

Da kam Hoffnung auf, aber dabei blieb es, wie auch bei dem Spielstand. Abgeklärt spielten die Gäste das Spiel an der Eckfahne zu Ende, so dass wir wieder keine Punkte gewonnen haben, was der Trainer auf der anschließenden Pressekonferenz sehr bedauerte. „Dafür Ansehen“, meinte er, womit er Recht haben dürfte. Und auch Selbstbewusstsein.

Move on up towards your destination
Though you may find from time to time complications
Move on up for a greater day but just you gonna make it
You put your mind to it, you can surely do it

Es war, wie er es vor Wochen sagte, wie das vergangene Heimspiel ein Bonus-Spiel, bei dem er hoffte, was Zählbares mitzunehmen. Auch in diesem gelang uns das nicht, aber dafür haben wir wie bereits beim letzten viel eingezahlt, so dass die nicht unberechtigte Möglichkeit besteht, dass wir im Folgespiel dafür umso deutlicher die Dividende für dieses Investment einfahren.

Move on up, we can to move on up
Move on up, move on child I wanna move on up

In diesem Sinne freuen wir uns auf den 2. Heimspielsieg – und hoffentlich in einer Woche über denselben.
Nun ist aber genug der Zeugmen.

Ach ja, wer wissen will, was das ist, der klicke hier.
Und wer wissen will, wie das ist, so ein Heimspiel in echt, der klicke hier: www.hoffe-live.de

(Bildquelle: Uwe Grün, Kraichgaufoto)

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